Das kirchliche Leben

(Zum Beitrag gehören die Abdrucke der drei Pfarrei-Siegel und 28 Abbildungen!)

Baumaßnahmen an der Pfarrkirche im 19. Jahrhundert

Die Doppelempore der Pfarrkirche ist ein lupenreiner „Schwarzbau“. Das 1747 fertiggestellte Kirchenschiff hatte im Westen nur eine einfache Empore, die nur knapp viereinhalb Miete tief war. Aus Mangel an Raum war an Ruhe und Ordnung beim Gottesdienst nicht zu denken, klagte Pfarrer Johann Nepomuk Keppeler. Die königliche Bauinspektion beantwortete eine Anfrage vom 29. Mai 1843 wegen Bau einer Doppelempore nicht. 60 Stämme und viele Bretter waren gestiftet worden und die Erntezeit drängte. Pfarrer Keppeler nutzte in dieser Situation die Bereitschaft der Gemeinde zur Mithilfe und ließ die um zwei Meter tiefere Doppelempore schaffen, die viel zusätzlichen Raum brachte. Die Regierung hatte ein Einsehen für die Notlage und übernahm 1845 von den Baukosten sogar 480 fl 22 xr (infolge Baupflicht nach der Klosteraufhebung). Nur 56 fl 56 xr von den baren Auslagen wurden gestrichen, ferner wurden Sach- und Arbeitsleistungen der Pfarreiangehörigen nicht vergütet.

Beim Emporenbau war die alte Orgel abgetragen worden. Pfarrer Keppeler berichtete, es sei ein kleines Instrument mit gebrochener Oktav gewesen und geeignet „für Organisten, die nur zwei Töne kennen“. Die neue Orgel wurde nach bewährtem Finanzierungsmodell gekauft: 230 fl brachte das alte Instrument, 100 fl zahlte die Gemeinde und 390 fl entnahm man aus der Stiftung Nördling.

Zum Friedhof stellte ein Sachverständiger am 1. november 1845 fest, er sei höchstens zwei bis drei Dezimale (68 bis 102 Quadratmeter) groß und mit Grabhügeln, Kränzen und Epithaphien dicht voll, so daß kein ordentlicher Gang frei liegt. Bis zur nächsten Beerdigung waren die Ruhefristen oft nicht einzuhalten. Der alte Flurplan bestätigt, daß nördlich der Kirche höchstens eine Grabreihe angelegt war und in den südlichen Teil die Lorettokapelle mit etwa 46 Quadratmetern und das „Seelhaus“ mit etwa 15 Quadratmetern gebaut waren. Pfarrer Keppeler setzte den Abbruch der sanierungsbedürftigen Kapelle und des Seelhauses durch; er hatte mit der Einsparung der Sanierungskosten, dem Platz- und Materialgewinn für die Friedhofssanierung und der schöneren Sicht zur Kirche argumentiert. Die Gemeinde und vor allem Gallbauer Alois Kramer hatten die Andachtsstätte erhalten wollen. 1846/47 wurden die Gebäude abgebrochen und der Friedhof erweitert. Nun gab es Streit über die Grabplatzvergabe, bei der einige Bauern sogar einen Anwalt einschalteten. Die Sache war zwar bald gelöst, doch Advocat von Weveld aus Neuburg klagte am 17. August 1853 seine Gebühren ein, weil die Bayerdillinger Klienten ihn nicht bezahlt hatten.

Die Turmuhr, 1841 für 100 fl „gerichtet“, hatte bei der Anschaffung „vor etlichen Jahren“ 500 fl gekostet. 1851 wurde erneut eine Reparatur für 225 fl durchgeführt. Diese alte Uhr hatte schon drei Zeigerwerke sowie Stunden- und Viertelstundenschlag.

Als der Kirchturm einstürzte

Größere Probleme hatte Bayerdilling von 1868 bis 1875 mit seiner Kirche. In der Nacht vom 8. auf den 9. September 1868 stürzte der Schalldeckel der Kanzel ein. Als Planungen für eine Sanierung und Kirchenerweiterung liefen, stürzte in der Nacht vom 26. auf den 27. Oktober 1870 die Pyramide des alten, baufälligen Kirchturmes ein und landete nördlich im Friedhof. Zeigerleitung und zwei Zifferblätter der Uhr wurden ruiniert, der Glockenstuhl mußte abgetragen und die Glocken in einem Notturm untergebracht werden. Die obergerichtlich festgestellte staatliche Baupflicht für die Kirche versuchten die Staatsbehörden wieder loszuwerden, als die Pfarrei eine Kirchenerweiterung anstrebte. Schließlich einigte man sich darauf, daß die Pfarrei nur die Kosten einer Erweiterung zu tragen habe. Zur Vergrößerung der Kirche kam es jedoch nicht. Das lange Hin und Her - der Kriegszug gegen Frankreich und die Reichsgründung hatten hierauf keine negativen Einflüsse - machte Bayerdilling zum Gespött der Nachbardörfer. Der Kirchturm war ganz abgetragen worden, doch über den Glockenstuhl wurde man sich nicht einig.

Hier sprang der Staat im Hinblick auf die Vergrößerung des Geläutes auf vier Glocken nicht auf. 1000 fl hatte Gallbauer Alois Kramer schon 1862 (wohl testamentarisch) für eine vierte Glocke versprochen. Das bisherige disharmonische Geläut wurde nun auf Gemeindekosten verbessert. Die Firma Johann Hermann in Memmingen verrechnete der Gemeinde am 19. november 1874 für die per Bahn versandten drei neuen Glocken, das Hängewerk und einen eisernen Glockenstuhl insgesamt 3415 fl 6 xr. Davon kamen 366 fl 36 xr als Wert von zwei alten Glocken (eventuell stammten sich noch von 1705; die dritte - von 1742 - blieb erhalten) und eine Barzahlung von 1600 fl in Anrechnung. Der Rest wurde in den nächsten Jahren abbezahlt.

Die Gemeinde versuchte jedoch, vom Erben Josef Bruglachner von Agathenzell (Bruder der im Juni 1872 verstorbenen Witwe Walburga Kramer), nicht nur die 1000 fl, sondern auch die Kosten des Glockenstuhls einzufordern. Erst im Juli 1874 war der Turmbau bis zum Glockenstuhl fertig. Die Gemeinderechnung enthält 1874 beispielsweise eine kräftige „Zehrung der Arbeitsleute bei der Aufstellung des Kuppelspitzes“, die 20 fl kostete. Abgeschlossen wurde die Baumaßnahme mit der Aufstellung der neuen Uhr aus der Mannhardtschen Fabrik im Februar 1875.

Die Glocken

Die weitere Geschichte ist wechselvoll. Sie läuteten gute und schlechte Tage ein, sie begleiteten die Bayerdillinger an Festtagen und auf ihrem letzten Weg, sie kündeten aber auch von großen staatlichen Ereignissen. Nach dem Tod von Prinzregent Luitpold am 12. Dezember 1912 etwa stimmten sie ein in das tägliche landesweite Trauergeläut, das drei Wochen erklang.

Doch bald forderten die Kriege ihren Tribut. von einst ist nur noch die kleine Glocke erhalten; sie mußte 1963 wegen Beschädigung (durch Transport im Krieg, Schweißen 1948 war nicht erfolgreich) umgegossen werden. Zur Erreichung eines harmonischen Geläuts wurde sie größer ausgelegt, sie wiegt jetzt 12 Zentner gegenüber früher 10 Zentnern. Die drei Glocken von 1874 wurden am 21. August 1917 für Kriegszwecke abgeholt und eingeschmolzen, ebenso wurden zwei Glocken aus Nördling und die größere Wächteringer Glocke für Kriegszwecke verwendet. Entschädigt wurde das eherne Metall mit 747 M in Nördling (zusammen 166 kg), 499,50 M in Wächtering (111 kg) und 5278 M in Bayerdilling (zusammen 1426 kg). Ironie der Ereignisse war, daß die Pfarrei das ausbezahlte Geld in die VII. Reichsanleihe (zur Finanzierung der Kriegslasten) anlegte.

1921 kamen wieder drei neue Glocken. Der angelegte Fond von 5700 M hatte durch die beginnende Inflation weitem nicht für die Neuanschaffung gereicht: 67 770 M spendeten die Einwohner, den Rest übernahm die Gemeinde. Die Glockenweihe vollzog Pfarrer Kaiser am 13. november 1921. Wächtering erhielt seine Glocken erst später und hat mit zusätzlichen Inflationsschwierigkeiten zu kämpfen; das verbliebene Glöcklein war an den Strauppner verkauft worden und für ein harmonische Geläute zwei neue Glocken zu 125 und 82 kg angeschafft worden. In Nördling waren die beiden neuen Glocken, 104 und 61 kg schwer, nur durch beachtliche Spenden der beiden Bauern möglich.

Zwei der 1921 gegossenen Bayerdillinger Glocken wurden bereits am 24. März 1942 wieder abgenommen und während des Zweiten Weltkrieges eingeschmolzen. Für mehr als fünf Jahre war das einstige vierstimmige Geläute auf die Sebastiansglocke (1921) reduziert. Die Marienglocke von 1742 war mit abgeholt worden. Ihr historischer Wert bewahrte sie jedoch vor dem Einschmelzen. Am 11. Juni 1947 hörten sie die Bayerdillinger erstmals wieder. Am 27. November 1949, dem 1. Adventssonntag, wurden drei neue Glocken geweiht. Seither besteht das Geläut aus fünf Glocken.

Maßnahmen im 20. Jahrhundert

Größere Maßnahmen fanden 1909/10 statt. Das Rainer Wochenblatt berichtet am 15. September 1910 ausführlich; der Diktion nach ist Pfarrer Georg Kaiser der Verfasser des Artikels. (Zeitungsbericht hier nicht abgedruckt.)

Die Pieta wurde im Oktober 1930 bei Kosten von 220 M, die die Raiffeisengenossenschaft übernahm, wieder hergerichtet.

1931 mußte der Turmhelm neuerdings repariert werden. Auslöser war ein morscher Dachstuhl. Die staatlichen Behörden beabsichtigten aus Geldmangel ein Niedersetzen der Uhr und Aufbau eines Satteldaches, zumal seit 1870 xohe Unterhaltskosten angefallen seien. Der frühere Pfarrer Kaiser sagte, die Schäden resultierten auch aus der fehlerhaften Arbeit mit dem Kupferblech anno 1909. Die Bayerdillinger mit Pfarrer Strobl kämpften erfolgreich für ihr Wahrzeichen und waren zu größten Opfern (Holz, Eigenleistung) bereit. Es war von den Ortseinwohnern auch schwer gesündigt worden, „indem verschiedene nach dem Kriege mit Infanteriegewehren auf das Kupferdach des Turmes schossen und dadurch Blech und Gebälk an 30 bis 40 Stellen durchlöcherten“. Strobl berichtet weiter, die Kürzung um 5 ½ Meter ließ sich nicht umgehen, da die alte Spitze furchtbar viel Wind faßte und dadurch oft teure Reparaturen erforderte. Der Turm erhielt 1931 statt der viereckigen die schönere achteckige Form.

Am Dreifaltigkeitssonntag 1932 wurde die neue Steinmayer-Orgel (Oettingen) geweiht, nachdem die alte nach knapp 100 Jahren (gekauft 1843) „aus dem letzten Lock pfiff“, wie es Pfarrer Strobl selbst formulierte. Anfangs war auch für diese Orgel ein Blasbalgtretter, Calkant genannt, erforderlich. Seit 1939 - mittlerweile knapp sechs Jahrzehnte - spielt Walburga Chudy (Gastl) die „Königin der Instrumente“ yn der Pfarrkirche; am 4. Juni 1979 wurde sie für 40jährige Tätigkeit bereits geehrt - nun steht das „Diamantene Jubiläum“ an. Auslöser für ihr Engagement in sehr jungen Jahren waren die politischen Verhältnisse. Wie fast alle Kollegen des Bezirks legte Lehrer Franz Remmele am 30. April 1939 unter dem Druck der politischen Verhältnisse den Chordienst nieder. Da Versuche mit drei Männern scheiterten, übernahmen Wally Gritschneder („Sattler“, wenige Jahre später gestorben) und Walburga Gastl die Regie an der Orgel.

Am 6. September 1935 begann eine Innenrenovierung der Pfarrkirche, die am 31. Januar 1936 im Hauptteil abgeschlossen werden konnte. Die Kriegsschäden an den Kirchen Bayerdilling und Nördling wurden 1945 notdürftig und 1948 weitgehend beseitigt. Am 9. Juli 1963 brachte Ludwig Kammerer die neugegossene Glocke von 1742 aus Kempten, tags darauf zog sie Vitus Probst mit Gehilfen auf den Turm. Im April 1964 wurde das elektrische Glockenläutwerk in Bayerdilling in Betrieb genommen. 1964/65 wurde die Kirche Wächtering neu verputzt und der Turmhelm vollständig erneuert. Am 16. Dezember 1967 wurde die Kirchenheizung fertiggestellt.

Eine umfassendere Renovierung führte die Pfarrei von Herbst 1978 bis April 1979 durch. Das Landbauamt gab in der Nachkriegszeit mehrfach Reparaturen am Kirchengebäude in Auftrag.

Seelsorge und Festtage

Pfarrer Josef Maier (1778 - 1780) berichtet, daß die ewige Anbetung am 7. April stattfindet (in diesem Jahrhundert aber am 26. April von 12 bis 16 Uhr), es galt folgende Zeiteinteilung:

10 - 11 Uhr alle Kinder
11 - 12 Uhr alle ledigen Personen
12 - 13 Uhr alle Verheirateten von Bayerdilling
13 - 14 Uhr Sulz, Strauppen, Nördling, Hausen, Brunnen und Holzmühle
14 - 15 Uhr Wächtering

Die Kirchweihe wurde erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf den dritten Sonntag im Oktober festgelegt. Um 1780 galten folgende Termine: Bayerdilling am 4. Juli (St. Ulrich), Wächtering am 16. Oktober (St. Galli) und Nördling am Dienstag nach Pfingsten. 1853 wurden die Festtage auch so gehalten, allerdings in Bayerdilling erst am sonntag nach St. Ulrich.

Eine Volksmission fand vom 12. bis 19. Mai 1935 mit den Pfarrern Karl Lang aus Lamerdingen, Josef Wiedemann aus Breitenthal und Franz Josef Bernhard aus Osterberg (Weltpriester) statt, als Ergänzung dazu gab es vom 3. bis 8. Dezember 1935 Einkehrtage unter Leitung von Stadtprediger Ludwig Dorn aus Rain. Vom 27. Februar bis 14. März 1982 war in den Pfarreien Rain und Bayerdilling eine Volksmission mit drei Pallottiner-Patres, in Bayerdilling war vor allem Nikolaus Sauter tätig.

Ende der 1960er Jahre gingen die uralten „Bauern-Feiertage“ förmlich unter. Um 1965 war am Patrozinium (29. September) noch örtlicher Feiertag und schulfrei; in jenem Jahr waren auch am Josefstag (19. März), an Peter und Paul (29. Juni) und am Fest der unbefleckten Empfängnis (8. Dezember) der Gottesdienst um 9 Uhr und eine Nachmittagsandacht. 1966 war die Andacht am 29. Juni bereits auf den Abend verlegt, da eine Reihe von Einwohnern bereits auswärts zur Arbeit ging. 1968 traf das Patrozininium auf den Sonntag, seit 1969 ist dieser Ortsfeiertag gänzlich weggefallen, die „kleine Kirchweih“ ist seither stets am vorausgehenden oder nachfolgenden Sonntag. Die anderen drei Feiertage fielen ebenfalls um 1965 weg.

Die Leonhardi-Wallfahrt Nördling

Der Reichtum der Nördlinger Filialkirchenstiftung, in der Wallfahrt zum hl. Leonhard begründet, reicht mindestens bis in die Barockzeit zurück. Die Kirchenrechnung von 1752 weist bereits ein riesiges Gesamtvermögen aus, nämlich 12 013 fl 48 xr und 2 hl. Der Bau des Rainer Rathauses (1759/62) kostete vergleichsweise „lächerliche“ 1170 fl. Der Maurer mußte zwei Tage für einen Gulden arbeiten, der Tagelöhner gar vier Tage - bei dreiprozentiger Verzinsung hätte die Filialkirchenstiftung allein aus den Erträgen drei Maurer ununterbrochen beschäftigen können! Danach hat sich der Kapitalstock nur noch langsam vermehrt. Das Vermögen stieg 1835 auf 15 149 fl und betrug 1885 schließlich 35 000 M (entsprach knapp 20 000 fl). Mit ein Grund dafür war sicher die Verwendung der Erträge aus dem Stiftungsvermögen für verschiedene pfarrliche (Kaplanei ab 1833, Kirchenbau Wächtering 1872) und schulische Zwecke (Schulhausbau und laufender Unterhalt, überraschenderweise auch jährliche Zahlungen für den Schuldienst in Neukirchen). Die Inflation von 1923 fraß das Kirchenvermögen (Wertpapiere und Ausleihungen) völlig auf.

Überregionale Ausstrahlung hatte die Wallfahrt allerdings - schon aufgrund der Größe des Gotteshauses - nicht. Details über die Wallfahrt sind erst ab 1830 überliefert. In einer Kirchenbeschreibung dieses Jahres heißt es, das Vermögen der Stiftung steht im schneidenden Gegensatz zur Armut im Kircheninnern. Es ist nur ein einziges Meßgewand, aber nicht einmal die in jeder Landkirche notwendigen Paramente seien vorhanden. Es fehlen die kirchliche Kleidung für Mesner und Ministranten, ein ordentliches Missale und Rituale sowie ein Kelch. Eine Glocke ist zersprungen, der Altar ist verwahrlost. Die Reparaturen scheinen in der Folge durchgeführt worden zu sein, 1850 wurde der Dachreiter durch einen Turm ersetzt. Die Wallfahrt scheint in jener Zeit wieder an Beliebtheit gewonnen zu haben. von behördlicher Seite wurde schon längere Zeit gedrängt, die Wallfahrten mit Übernachtung zu unterlassen; einige Pfarreien wechselten vermutlich von St. Leonhard zu Inchenhofen auf Gänge nach Nördling. Dem Beinbruch eines jungen Burschen, passiert am 9. November 1846, allerdings erst beim Wegreiten, und der folgenden Auseinandersetzung ist es zu verdanken, daß die Kirchenverwaltung den Verlauf des Umrittes zum Patrozinium niederschrieb: Während der Priester in der Kirche den Gottesdienst (Amt mit Predigt) feierte, wurden auf dem Dorfanger die Pferde versammelt. Die Tiere stammten vornehmlich aus Bayerdilling, aber auch aus anderen Orten der Umgebung. Bei der Ankunft war es üblich, daß jeder dreimal um die Kirche herumritt. Nach der Messe trat der Pfarrer vor die Kirche und gab mit der Hand, früher auch schon manchmal mit dem heiligen Kreuzpartikel, den Segen über die Pferde.

Der Pfarrer meldete den Unfall mit dem Einleitungssatz „Es besteht in hiesiger Pfarrei der sonst auch auswärts übliche, aber vielseitig aufgehobene Unfug, daß am Feste des hl. Leonhard bei der Patroziniumsfeier Pferde zu den dem hl. Leonhard geweihten Kirchen geritten werden.“ Die Kirchenverwaltung in Vertretung des Volkes, das zäh an dem Brauchtum festhielt, widersetzte sich dem Ansinnen des Pfarrers auf Abschaffung. Der Ritt solle beibehalten werden, „da St. Leonhard als Schutzpatron für das Vieh gilt und viele Leute darauf besonderes Zutrauen haben“. Zudem würden während des Jahres viele Messen für das Vieh gelesen. - 1853 wurde wirklich wöchentlich die Messe gelesen, wobei ungefähr die Hälfte der gestifteten Messen zu Ehren des hl. Leonhard dotiert waren. Um die Jahrhundertwende ist ein deutlicher Rückgang von Wallfahrt und gelesenen Messen zu beobachten: ab 1892 wurde im wöchentlichen Wechsel mit Wächtering der Gottesdienst gehalten, 1906 schaffte der Pfarrer die Pferdesegnung ab; Pfarrer Kaiser behauptet in seinen Aufzeichnungen, es sei allen recht gewesen. Seit 1908 fanden jährlich nur noch etwa zehn Gottesdienste statt. Gründe für den Rückgang waren der seit 1877 fehlende Kaplan (er war für die Betreuung der Filialkirchen zuständig) und der Rückgang der Volksfrömmigkeit und Heiligenverehrung. Ab 1920 ist eine Wiederbelebung der Wallfahrtstätigkeit feststellbar, ablesbar aus den Opferstock-Einnahmen. Spätestens mit dem zweiten Weltkrieg kam die Verehrung von St. Leonhard zu Nördling völlig zum Erliegen. Ab 1980 (damals mit 31 Pferden beziehungsweise Ponys) wurde die Pferdesegnung wiederbelebt, allerdings unter anderen Vorzeichen - denn als Zugtier in der Landwirtschaft hatte das Pferd seit den 1950er Jahren ausgedient.

An die Wallfahrt von einst erinnern heute die aus der Zeit von 1752 bis 1920 erhaltenen sieben Votivbilder und eine Anzahl Hufeisen in der Nordwestecke des Kirchleins.

Von Wallfahrten und Bittgängen

Vom bayerischen Volk des Barock heißt es immer wieder, es gehe gern „Kirchfahrten“. Früher wurden dabei sehr weite Strecken zurückgelegt. Der Echsheimer Pfarrer schrieb 1721, daß er ein kleines Altärlein in der Kirche für ein uraltes Marien-Vesperbild errichten ließ. An Mariä Heimsuchung, dem Echsheimer Patrozinium (2. Juli), kamen neun auswärtige Pfarreien mit dem Kreuz, darunter Bayerdilling. Die Filialgemeinde Wächtering kommt an Pauli Gedächtnis (30. Juni) und nochmals am Freitag in der Woche vor Weihnachten. Viele Gebetserhörungen dieser Marienwallfahrt seien schon 1629 festgehalten. Die Echsheimer Wallfahrt erlebte in der Aufklärungszeit ausgangs des 18. Jahrhunderts ihren Niedergang. Die Echsheimer kamen jedoch laut der Gottesdienstordnung von 1721 auch zweimal in die Pfarrei Bayerdilling: „8. Mai, Michaels Erscheinung, ist für Roß und Vieh verlobter Bittgang nach Bayerdilling, wo Michael Patron ist. Dieser Bittgang ist ungefähr 50 Jahre alt, worauf der Viehfall sogleich aufhörte“ ist eingetragen, außerdem noch „Am 21. Juni, Albanustag, welcher Heilige im Gotteshaus zu Wächtering Patron ist und verehrt wird, ist alldort Feiertag, daher geht man mit dem Kreuz dorthin, ist ein verlobter Kreuzgang wegen Abwendung von Schauer“. Die Aufzeichnungen bestätigen die nur lokale Bedeutung der Nördlinger Leonhardi-Wallfahrt, denn am 6. November gingen die Echsheimer nach Inchenhofen. Rechnet man Bittwoche und Fronleichnam mit, so hatten die Echsheimer 18 Bittgänge und Prozessionen. Ähnlich war es in unserer Pfarrei. Im Verhältnis zur Stadt Rain sind beispielsweise wiederholt gegenseitige Wallfahrten festgehalten. Schon 1609 kamen die Rainer nach Bayerdilling. Im Wallfahrtsverzeichnis vom 9. Oktober 1781 heißt es, daß nach Bayerdilling keine Wallfahrt besteht und keine Kreuzgänge von außerhalb des Gerichtsbezirks kommen. Die Hofmarksgemeinde Bayerdilling gehe nach

Nördling (vermutlich Markustag),
Wächtering (erster Tag der Kreuzwoche),
Oberpeiching (zweiter Bittag und an St. Matthäus),
Gempfing (dritter Bittag und an St. Veit),
Niederschönenfeld (Freitag vor Pfingsten),
Rain (Johannes der Täufer),
Königsbrunn (Freitag nach Bayerdillinger Kirchweih),
Echsheim (Mariä Heimsuchung und Mariä Geburt),
St. Leonhard (Inchenhof, Freitag nach Pfingsten),

Der zweite Gang nach Oberpeiching war zur Danksagung für die eingebrachten Feldfrüchte. Nur beim Kreuzgang nach St. Leonhard sei man früher über Nacht geblieben, „was aber auch heuer vermieden worden sei“. Immerhin führten die Bayerdillinger in der Barockzeit damit zwölf Wallfahrtsgänge durch.

In den letzten drei Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts bekämpften die weltlichen Behörden die vielen Wallfahrten zusehends. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts reduzierten sich die Wallfahrten der Bayerdillinger auf die Bittwoche.

Und wie ging es im 20. Jahrhundert weiter? Gruppenreisen gab es schon nach dem Ersten Weltkrieg vereinzelt nach Scheyern und Wemding. Durch die besseren Reisemöglichkeiten konnte - vermutlich erstmals - im April 1930 mit Michael Bruglachner ein Bayerdillinger eine Fahrt ins Heilige Land (Israel) unternehmen. Pfarrer Strobl reiste bereits in seiner Rainer Zeit, 1928, in das damalige britische Mandatsgebiet Palästina und hielt im Mai 1930 einen Diavortrag darüber. 1933 führte Pfarrer Strobl eine Reise nach Delphi, Athen und Istanbul und eine Pilgerfahrt zum hl. Rock nach Trier, wo er sieben Stunden anstehen mußte. Vom 1. bis 7. Dezember 1950 nahm Pfarrer Strobl mit zehn weiteren Personen an der Pilger-Jubiläumsfahrt nach Rom („Heiliges Jahr“) teil; früher waren schon „Gallbauer“ Mathias Bruglachner, „Weber“ Josef Stegmair und „Strobl“ Andreas Ruisinger, Wächtering, in der „Ewigen Stadt“. Pfarrer Kaiser war im heiligen Jahr 1925 dorthin gepilgert.

Das Kirchenjahr 1853

Das älteste erhaltene Verkündbuch des Pfarramtes stammt von 1853, deshalb ist dieses Jahr ausführlich darstellbar.

In Bayerdilling war täglich Gottesdienst. In Wächtering waren zwei, in Nördling eine wochenmesse (oft zu Ehren des hl. Leonhard); diese drei Messen fanden zwischen Montag und Freitag statt, aber nicht immer am gleichen Tag. Möglich war dies, weil zu jener Zeit ein Kaplan den Pfarrer unterstützte. sonntags war in der Regel um 6.30 Uhr die Frühmesse (Sommer bereits 6 Uhr) und um 8.30 Uhr Pfarrgottesdienst mit Predigt, danach abwechselnd für die 12- bis 17jährigen Jungen und Mädchen Sonntagsschule (mit einigen Ferienwochen), um 13 Uhr Vesper oder Rosenkranz mit Christenlehre (entfiel nur an den hohen Festtagen) und anschließend die Sonntagsschule für das andere Geschlecht. Während des Jahres ist darüber hinaus eingetragen:

1. Januar Neujahrsfest mit feierlichem Gottesdienst
5. Januar, 13 Uhr Wasser-, Salz- und Weihrauchweihe
6. Januar Hochamt
20. Januar ließ die Gemeinde Bayerdilling ein Amt zur Ehre des hl. Sebastian halten (mit Opfer für die Lichter beim Bildnis des Heiligen)
2. Februar um 6.30 Uhr Bruderschaftsmesse, 8.30 Uhr Wachsweihe, danach Hochamt, abschließend Prozession
14. bis 18. Februar montags, mittwochs und freitags mittags 12 Uhr Fastenchristenlehre für Kinder bis 15. Lebensjahr; sonntags waren in der Fastenzeit um 13 Uhr Stationsandachten
16. - 19. März Osterbeichte für Kinder, Jugendliche und Ledige, am Folgetag jeweils Kommunion
19. März, Josephstag, Opfer für das hl. Grab in der Pfarrkirche und für die Franziskaner-Patres am hl. Grab in Jerusalem
20. März Palmsonntag, das Pfarramt ohne Predigt
21. - 23. März Osterbeichte für Verheiratete, Kommunionempfang am Gründonnerstag
25. März um 7.30 Uhr Karfreitagsgottesdienst mit Einsetzung des Allerheiligsten ins hl. Grab, Anbetung bis 17 Uhr mit Mette als Abschluß (die Kirche war nachweislich lange vor 1900 schon und bis in die 1960er Jahre mit schwarzen Vorhängen abgedunkelt)
26. März, Karsamstag, 7.30 Uhr Feuerweihe, Taufweihe, Segnung der Osterkerze, Amt, Einsetzung Allerheiligstes und Anbetung bis 19 Uhr, wo die Auferstehungsfeier den Schluß bildet
27. März, Ostersonntag, 6 Uhr Frühmesse, 8.30 Uhr Viktualienweihe und Hochamt, 14 Uhr Vesper (keine Christenlehre)
28. März, Ostermontag, 6 Uhr Frühmesse, 8.30 Uhr yn Wächtering Amt
11. April, Montag, Hütmesse in Bayerdilling
21. April gestifteter Jahrtag mit Vigil, Amt und Beimesse für Pfarrer Anton Lanz
25. April Bittgang nach Nördling
26. April Hütmesse in Wächtering
30. April, Samstag, Schulprüfung
2. Mai, 6 Uhr, Bittgang nach Wächtering, dort Amt für die Gemeinde, dann Flurbittgang
3. Mai, 6 Uhr, Bittgang nach Gempfing
4. Mai, 6 Uhr, Bittgang nach Oberpeiching
5. Mai, Christi Himmelfahrt, Frühmesse und Hochamt, 14 Uhr Himmelfahrts-Zeremonie und feierliche Vesper
6. Mai, Schauerfreitag, 6 Uhr Amt der Gemeinde Bayerdilling, darauf Feldbittgang
8. Mai, Bruderschaftsfest der Aloisibruderschaft, Hochamt mit Prozession
13. Mai Schauermesse für Bayerdilling
14. Mai Schauermesse für Sulz, Vortag des Pfingstfestes, 7 Uhr Taufweihe mit Amt, gebotener Fasttag
15. Mai, Pfingstfest, 8.30 Uhr Hochamt, 13.30 Uhr erste Aloisiandacht (weitere fünf an den folgenden Sonntagen)
16. Mai, Pfingstmontag, 8.30 Uhr in Wächtering Amt
17. Mai in Nördling Amt zur Gedächtnis der Kirchweihe
20. Mai Schauermesse für Bayerdilling, ebenso an den folgenden Freitagen bis 9. September
21. Mai Schauermesse für Sulz, ebenso an den folgenden Samstagen bis 10. September
24. Mai, Dienstag, 10 Uhr Hochzeitsamt (war stets während der Woche), am nächsten Tag Messe für Verstorbene der Brautleute
26. Mai, Fronleichnam, 8 Uhr Hochamt, dann Prozession in der Reihenfolge: „Schuljugend, Jünglinge und ledigliche Mannspersonen, Männer, Jungfrauen und ledige Weibspersonen und Weiber“. Die Evangelien (Altäre) waren bei Neuwirt, untermühle, Gallbauer und am Berg. Der Pfarrer verkündete weiter: „Schulmädchen mit Kränzen in den Haaren, ebenfalls die Erwachsenen, die sich noch für würdig halten wollen oder noch können, einen Kranz, das Zeichen der Jungfrauschaft“. Er bat außerdem, während der Prozession von den aufgestellten Bäumen keine Zweige abzureißen: „Die Schuljugend wird diesbezüglich einer empfindlichen Strafe nicht entgehen“.
27. und 28. Mai Schauermessen für Bayerdilling und Sulz
2. Juni, Donnerstag, Schluß der Fronleichnamsoktav mit Amt, Nebenmesse und Prozession
21. Juni Aloisius-Bruderschaftsamt
24. Juni, Freitag, 6.00 Uhr Schauermessen, 8.30 Uhr Patrozinium Wächtering mit Amt, 14 Uhr Vesper in der Pfarrkirche
26. Juni, Fest der „Wetterheiligen“ Johannes und Paul, Titularfest der Aloisibruderschaft mit Hochamt und Prozession in der selben Wiese wie am Fronleichnamsfest. „Es ist ein Fest zuvordertst auch für jungfräuliche Seelen“.
28. Juni Bruderschaftsamt, Fasttag
29. Juni, Feiertag Peter und Paul, mit Frühmesse, Hochamt und Vesper
4. Juli, St. Ulrich, gebotener Feiertag des Bistums
10. Juli, Sonntag, Gedächtnis der Konsekration der Pfarrkirche
11. Juli Seelengottesdienst für alle verstorbenen Wohltäter der Pfarrkirche
15. Juli, 5 Uhr, Bittgang nach Nördling, Messe zu Ehren St. Leonhard, danach Schauermesse in der Pfarrkirche
1. August gestifteter Jahrtag für Pfarrer Anton Harter mit zwei Beimessen, davon eine in Wächtering
14. August Beichte der Feiertagsschüler (12 - 17 Jahre), am nächsten Tag Kommunion
15. August, Mariä Himmelfahrt, Kräuterweihe und Hochamt
Vom 28. August bis 1. Oktober war der Pfarrer abwesend, so daß es in Wächtering nur eine Wochenmesse gab; an diesem Tag entfiel dann der Gottesdienst in Bayerdilling.
8. September Amt mit Te Deum wegen Namensfest der Königin, nachmittags Vesper
14. September, Fest Kreuzerhöhung, letzter Wettersegen, nach dem Gottesdienst wird der hl. Kreuzpartikel zum Küssen dargereicht
28. September, 15 Uhr Vesper am Vortag des Patroziniums
29. September, St. Michael, für die Pfarrei gebotener Feiertag, 6 Uhr Amt für Aloisibruderschaft, 8.30 Uhr Hochamt und Prozession, 14.30 Uhr Vesper vor dem Allerheiligsten
2. Oktober Erntedankfest mit Amt und Te Deum; Dankopfer für die Armen
8. Oktober - 19. November sind sieben Messen für gesegnete Ernte, angeschafft von einzelnen Hofbesitzern, eingetragen
12. Oktober, Mittwoch, Namensfest des Königs Maximilian mit Hochamt und Te Deum
15. Oktober, Geburtstag der Königin Marie, Feier mit Hochamt und Te Deum
16. Oktober, sonntag, Kirchweihe in Wächtering (in Bayerdilling Frühmesse)
30. Oktober, Sonntag, 9 Uhr in Nördling Patroziniumsamt, „danach Pferdesegnung für alle Pferde, auch für die der Armen, wobei die Gemeindevorsteher für Ordnung sorgen werden.“ Die Vorverlegung erfolgte, weil der Leonhardstag am „Seelensonntag“ ist.
An den acht Tagen vor dem Seelensonntag war es „herkömmliche und lobenswerte Sitte, die Sakramente zu Empfangen. Jeden Tag vormittags und abends Beichtgelegenheit und abends 5 Uhr Rosenkranz für die Abgestorbenen.“
1. November um 8.30 Uhr Hochamt, 13.30 Uhr Vesper vor dem Allerheiligsten und dann für die „Abgestorbenen“ mit Predigt und Grabbesuch
2. November, Allerseelen, 7.30 Uhr ganze Vigil, Seelamt und Beimesse, Gräberbesuch
3. November gestifteter Jahrtag für Sigismund und Ulrich Vesenmayr, die Stifter unserer Pfarrkirche, mit Vigil, Amt und Nebenmesse
12./13. November Beichte und Kommunion der Schulkinder
28. November, Geburtsfest des Königs Max II., 7.30 Uhr feierliches Hochamt mit Te Deum
3. Dezember Engelamt für Mitglieder des Missionsvereins
4. Dezember Aloisibruderschaft feiert das Fest des hl. Franz Xaver
8. Dezember, Fest der unbefleckten Empfängnis, „lassen die Jungfrauen ein Engelamt halten“
18. Dezember „Engelamt als Bitte um den Beistand des Allmächtigen für die schwerbedrängte kath. Kirche im Herzogtum Baden“
24. Dezember um 15 Uhr Vesper, 23 Uhr werden die priesterlichen Tagzeiten gebetet, dann Hochamt
25. Dezember: 6.30 Uhr Messen in Bayerdilling und Wächtering, 9 Uhr Hochamt
26. Dezember Frühmesse, Amt und Vesper nur in Bayerdilling
27. Dezember wurde nach der Messe der Johanneswein geweiht und ausgeteilt
28. Dezember, Fest der unschuldigen Kinder: Schülerkommunion
31. Dezember, 15 Uhr Vesper vor dem Allerheiligsten mit Te Deum „als Dank für alle im verwichenen Jahr empfangenen wohltaten“

Ergänzung aus den Verkündigungen vom 8. Juli 1854: Der Pfarrer brachte „wiederholt in Erinnerung, daß zum Arbeiten an Sonn- und Feiertagen kirchlicher Dispens erfordert wird, was man zumal in Wächtering sich merken soll. Übrigens gilt diese Bestimmung nur für wahre Katholiken, indes haben auch die Polizeibehörden die Pflicht, hier ihren Beistand zu leisten auf Anrufung.“

Seelsorge am Beginn des 20. Jahrhunderts

Pfarrer Georg Kaiser hat 1926 die Gebräuchlichkeiten in der Pfarrei seit seinem Amtsantritt 1904 niedergeschrieben, Pfarrer Strobl hat dies nach 1930 weitergeführt. Abweichungen und Ergänzungen gegenüber 1853 sollen hier aufgezeigt werden.

Patrozinium war stets am Sonntag zwischen 24. und 30. September; Pfarrer Strobl hielt wieder den Tag ein. Kaiser hatte 1906 einen Mütterverein eingeführt mit Versammlung etwa alle acht Wochen (Vortrag und Andacht nach dem Nachmittagsgottesdienst am Marienaltar), „aber es herrscht kein rechtes Leben mehr. Die ursprünglichen Mitglieder sind alt oder tot - die jungen Mütter wollen nicht mehr mittun.“ Eine Herz-Jesu-Bruderschaft wurde 1885 eingeführt; einmal monatlich war Feier vor dem ausgesetzten Allerheiligsten. Die Aloisibruderschaft, 1758 von Pfarrer Anton Harter errichtet, feierte jährlich fünf Bruderschaftsfeste (Sonntage nach Franz Xaver, Mariä Lichtmeß, Kreuzauffindung und Aloisiusfest sowie am Patrozinium St. Michael).

Für den Kindheit Jesu-Verein sammelte der Pfarrer monatlich die Beiträge ein. Alle Quatembersonntage opferten die Kinder in der Kirche das betreffende Monatsopfer. Für den Ludwigsmissionsverein wurde alle Quatembersonntage im rückwärtigen Kirchengang in eine Kassette und mit Namensangabe geopfert.

Beichte war jeden Feiertags-Vorabend um 14 Uhr, samstags morgens nach der Messe und nachmittags sowie sonntags vor der Messe. Die Christenlehrpflichtigen beichteten etwa alle zwei Monate, die Mädchen sogar meistens monatlich.

Taufen waren meist um 12 Uhr. Pfarrer Kaiser bemerkt dazu: „Die Väter gehen erfreulicher Weise mit. Regelmäßig auch Paten; dies ist aber in manchen Fällen zu betonen, damit es nicht abkommt.“

Beim Hochzeitszug vom Haus zur Kirche ging der Pfarrer nicht mit. Die Brautleute wurden meist mit Orgelspiel in die Kirche eingespielt und nachher ausgespielt. Während des Gottesdienstes blieben sie vor dem Altar; eine Ansprache vor der Trauung war üblich.

Die Gemeinde Bayerdilling ließ vier Votivämter lesen: am Sebastiansfest, am Florianstag (meist schon am 3. Mai gehalten), am Feste der Märtyrer Johannes und Paulus (26. Juni) als Patrone gegen Hagelschlag (interessante Prozessionsstange erhalten!) und am Schauerfreitag mit Flurumgang (nach Christi Himmelfahrt). Wächtering hatte bis 1925 das Schaueramt mit Flurumgang am Mittwoch vor Pfingsten; als der Ort eine vorverlegung wünschte, kam es zu Differenzen mit dem Pfarrer, so daß der Umgang entfiel. Diese angeschafften herkömmlichen Ämter unterstreichen, wie sehr die Heiligen für die Bauern in erster Linie Schutzpatrone über Feld und Vieh waren.

Die Männerstühle im Kirchenschiff waren bis zum Beginn des Rainer Vikariats (1968) fest vergeben; bei Freiwerden entschied allein der Pfarrer. Die Weiberstühle und die Plätze auf den Emporen waren durch Selbstwahl besetzt. Der Pfarrer kümmerte sich nicht darum, jedoch benutzen die meisten Familien noch heute ihre festen Plätze. Für die Aufsicht auf der oberen Empore hatte der Pfarrer - monatlich abwechselnd - seit Juli 1910 ein Kirchen- oder Gemeinderatsmitglied eingeteilt, weil es vorher Mißstände (frühes „Herunterrennen“) gab. „Seither konnte ich mit dem Betragen in der Kirche stets recht wohl zufrieden sein“, schreibt Pfarrer Kaiser.

Die Prozessionen an Lichtmeß und Pa|msonntag hielt Pfarrer Kaiser mangels Seitengängen nicht mehr, ab 1930 gab es den Lichtmeß-Umgang mit den Erstkommunikanten um die Kirche. Bei der Auferstehungsfeier am Abend des Karsamstags war bei gutem Wetter ein „Umgang“ um die Kirche üblich.

Ein physisches Problem war der Empfang der Kommunion - und daher insbesondere auf die Ostertage beschränkt. Man mußte zwölf Stunden vorher nüchtern bleiben, konnte also nach der morgendlichen Bauernarbeit und dem Gottesdienst erst gegen zehn Uhr erstmals etwas essen. Zu Zeiten von Pfarrer Kaiser wurde deshalb die Kommunion auch vor dem Gottesdienst gespendet, allerdings mußte man dann zweimal zur Kirche gehen.

Der zusätzliche Beicht- und Kommunionunterricht für die Kinder wurde in der Fastenzeit im Schulzimmer gehalten. Am „Weißen Sonntag“ zogen die Kinder vom Pfarrhaus mit vorausgetragener Kindheit-Jesu-Fahne und zwei Leuchtern unter Glockengeläute in die Kirche, wo sie Orgelspiel empfing. Zur Ansprache nach dem Evangelium standen die Kinder mit ihren brennenden Kerzen am Altar.

Die Bittgänge wurden seit 1853 wegmäßig erheblich verkürzt. Ziele waren in der Regel am Montag Sallach, am Dienstag Nördling und am Mittwoch Wächtering. Nach Bayerdilling kamen die Oberpeichinger. Der Flurumgang war sehr weitläufig bis nahe an den Flurgrenzen: Pessenburgheimer Straße, Heimberg, Sulzer Weg bis fast zur Rainer Flurgrenze und zurück). Das Fronleichnamsfest wurde mit Amt in der Kirche und Prozession zu den Altären bei „Schwarzwirt“, „Neuwirt“, „Graner“ und „Gallbauer“ begangen. Um den 4. Juli hielten die Bayerdillinger zusätzlich einen Votivbittgang nach Nördling ab.

Während bei der Heu- und Getreideernte in der Umgebung verschiedentlich schon weniger Rücksicht auf den Sonntag genommen wird, hat der Bayerdillinger Pfarrer „noch nicht zu klagen“. Wenn Notwendigkeit zur Arbeit war, kam sonntags vor der Messe der Bürgermeister zum Pfarrer. Der Priester hat dann in der Kirche bekanntgegeben, daß er die Notwendigkeit anerkenne.

Beim Patrozinium St. Michael kam meist ein zweiter Priester (Wemding oder St. Ottilien) zur Predigt nach Bayerdilling. Die Oktober-Rosenkränze waren im Hinblick auf die landwirtschaftlichen Arbeiten und den geringen Besuch zeitweise auf den November verlegt. Am Kirchweihsonntag (es war zwischenzeitlich der dritte im Oktober geworden) war vor der nachmittäglichen Vesper ein „Reihenfolgeläuten“ der Kirchenglocken, wie es überhaupt bei mehreren großen Festtagen besondere Läuteordnungen gab. Am Sonntag nach Kirchweih war in Wächtering ein Gottesdienst. In Nördling wurde die Pferdebenediktion 1906 erstmals nicht mehr gehalten. Bis zur oberhirtlichen Abschaffung der Kapellenpatrozinien im Jahr 1912 hielt der Pfarrer in Nördling noch Amt mit Predigt, dann nur noch eine Messe. Dem Wunsch eines der Nördlinger Bauern zur Wiedereinführung des feierlichen Amtes entsprach der Pfarrer auch später nicht.

Die Aufzeichnungen zeigen, daß der Verlust kirchlicher Traditionen nicht nur eine Erscheinung unserer „Wirtschaftswunder-Generation“ ist: bereits zwischen 1853 und 1925 ging einiges verloren.

Feldkreuze

Viele unserer Feldkreuze sind Ausdruck der Dankbarkeit gegen Gott, oft in schweren Stunden versprochen. Das „Christl“-Kreuz, ursprünglich im freien Feld am Sulzer Weg, stiftete Josef Breimair für glückliche Heimkehr aus der Kriegsgefangenschaft (er kam erst 1949 aus Rußland). „Schiele Kreuz“ an der Straße nach Pessenburgheim existiert seit 1911; es wurde 1948, 1986 und 1997 erneuert.

Die Kreuze an den Hauptstraßen - wie das Bachbauern-Kreuz (Darstellung des hl. Franz Xaver auf dem Sterbelager; gestiftet angeblich schon um 1880/85) und das Jodl-Kreuz (errichtet für Genesung der Bäuerin vor 1939) an der Kreisstraße nach Rain sind noch heute gerne verwendete Orientierungspunkte.

Zum Sinn der Feldkreuze hat Christine Landes, geb. Grünwald (1914 - 1995), folgendes Gedicht überliefert, das seine Wurzel sicher noch in barocker Volksfrömmigkeit hat:

Man sieht an offenen Wegen
oft Straßenzeiger stehn.
Sie mahnen treu den Pilger,
den rechten Weg zu gehn.

Jüngst sah ich einen eignen
wahrhaft gut gewählt.
Es war der Herr am Kreuze,
am Wege hingestellt.

Wie sind doch seine Arme
so liebend ausgespannt.
Das sind die rechten Zeiger
zum wahren Heimatland.

Wohin auf Erden immer
der Menschen Wege gehn,
glückselig alle jene,
die auf den Heiland sehn.

Drum zieh ihm nach, du Pilger
und folge seinem Wort.
Dann kannst du ewig jubeln:
ich komm ans rechte Ort.

Ein Kurzgedicht, das Pfarrer Kaiser lehrte, lautet:

Was will das Kreuz, das hier am Wege steht?
Es will dem Wanderer, der vorübergeht,
das große wort der Hoffnung sagen:
„Das Kreuz wird mich zum Himmel tragen“.

Fronleichnam 1949 (lediglich fünf Bilder mit ausführlichem Text)

Glockenweihe 1949 (mit vier Bildern)

Was könnte besser am Schnittpunkt von kaum überwundenen Kriegsschrecken und schon bald einsetzendem „Wirtschaftswunder“ stehen als die festliche Weihe der drei neuen Kirchenglocken am ersten Adventssonntag, dem 27. November 1949. Die neuen Glocken heilen einen - zwar nur materiellen - Schaden, den der Krieg geschlagen hat. Der Weihetag versammelt die Gemeinde am Fuße des historischen Kirchberges zu einer beeindruckenden Kulisse. Die Glocken, sie begleiten uns seit beinahe einem halben Jahrhundert in einer für unsere beiden Dörfer friedlichen Zeit. 1949 ist das Jahr, das für diesen Band beeindruckende Bilder lieferte, nicht nur von der Glockenweihe, sondern auch von der Feuerwehr-Fahnenweihe am 6. Juni und der Fronleichnamsprozession am 16. Juni.

Der Pressebericht über die Glockenweihe vom 27. November 1949 spiegelt die Stimmung wieder:

Zu einem eindrucksvollen Ereignis, wie es in der Geschichte der Gemeinde selten ist, gestaltete sich die feierliche Einweihung der neuen Kirchenglocken. Wie vielerorts, so waren im letzten Kriege auch der Kirchengemeinde Bayerdilling drei der schwersten Glocken abgenommen worden. Seitdem bildete der sehnlichste Wunsch aller Bürger, wieder ein richtiges Geläute in die so schön gelegene Kirche zu bekommen. Die Opferfreudigkeit der Bewohnerschaft ließ nunmehr diesen Wunsch Wirklichkeit werden. Am Sonntagvormittag nach dem Gottesdienst begaben sich zwei festlich geschmückte Vierergespanne, ein Wagen mit einer Musikkapelle sowie eine große Schar Reiter nach Unterbaar, um die neuen Glocken abzuholen. Bis dorthin hatte sie Brauereibesitzer Emslander mit seinem Lkw bereits am Donnerstag von Kempten aus gebracht. In der Mittagsstunde näherte sich der stattliche Zug und die Bewohner des Ortes und der Umgebung strömten ihm entgegen und begrüßten ihn freudig. Drei Festjungfrauen und weißgekleidete Mädchen, eine Fahnenabordnung der Freiwilligen Feuerwehr, eine Abordnung mit der alten Fahne des früheren Veteranenvereins und zwei Landauer mit Ehrengästen schlossen sich dem Umzug durch die Ortschaft an.

Auf dem beflaggten Festplatz eröffnete die Blaskapelle Münster die Weihestunde. Pfarrer Strobl begrüßte in seiner Ansprache die Glocken und erläuterte deren tieferen Sinn und Zweck. Anschließend nahm er die kirchliche Weihe vor. Für Bayerdilling wurden eine Glocke der „Hl. Dreifaltigkeit“, eine „den Gefallenen 1914-18 und 1939-45“ und eine dem „Hl. Joseph“ geweiht. Die drei Glocken weisen ein Gesamtgewicht von 42 Zentnern auf. Für Wächtering und Nördling wurde je eine kleinere „Marienglocke“ geweiht, wovon die letztere Peter Haberl und Jakob Ruisinger stifteten. Kirchenchor und Gesangverein umrahmten den Weiheakt mit ansprechenden Lieddarbietungen, während Festjungfrauen Prologe zum Vortrag brachten. Den Abschluß der Weihe bildete das Gemeinschaftslied „Großer Gott wir loben dich“. Bürgermeister Königsdorfer hielt dann anschließend die Festrede, in der er sich im Namen der Gemeinde und zugleich der Kirchengemeinde für die Opfer, Spenden und die tatkräftige Unterstützung bedankte. Er gab bekannt, daß die Feierlichkeiten im Saalbau Modlmair fortgesetzt würden. Erwähnenswert ist, daß Gastwirt Modlmair den Saal besonders schön ausgeschmückt hatte.

Der große Saal konnte die vielen Menschen nicht alle aufnehmen, als Landtagsabgeordneter Prof. Dr. Gromer seine Ansprache hielt. Er gedachte dabei in besonderer Weise der Gefallenen. Zum Schluß seiner Rede wurde das Lied „Ich hatt einen Kameraden“ gesungen. Auch Landrat Gaßner ergriff das Wort und sprach der Gemeinde Glückwünsche und Anerkennung aus. An den Feierlichkeiten nahm neben zahlreichen Geistlichen auch der Schöpfer der neuen Glocken, Herr Gebhard (Kempten), teil. Mit Konzert und Gesang wurde der Nachmittag ausgefüllt. Allen Teilnehmern wird dieser Tag in schöner Erinnerung bleiben.

Noch in dieser Woche sollen die neuen Glocken ihre Klänge über das Land senden. Mögen sie Glocken des Friedens bleiben!

Erstkommunion (Bildauswahl mit 8 Aufnahmen zwischen 1900 und 1978 und Textunterschrift)

Wichtigste Quellen zum Gesamtbeitrag „Das kirchliche Leben“:
PfAB bzw. Matrikelbücher im Diözesanarchiv (Kaplanei).
StAA, BA Neuburg 1148, 1149 und 1152 (staatliche Baupflicht, Friedhof und Baufälle 1843 - 1874).
StAM, PG Rain, A 216 (Wallfahrt).
StAA, Landbauamt Donauwörth, F XXVIII 1 (Turmbau und weitere Baufälle bis 1910).
StAR, Depot Bayerdilling 47 (Gemeinderechnungen 1872/75) sowie Gemeinde Bayerdilling 330 (Baumaßnahme 1870/75).
BHStA, KL Niederschönenfeld, Fasz. 559/10 (Kirchenrechnung Nördling pro 1752).
Erich Hofgärtner, Die Wallfahrt von Nördling, Forschungsprojekt der Universität Augsburg zur „Wallfahrtsinventarisation in Schwaben“ unter Leitung von Dr. Günther Kapfhammer, Maschinenskriptum, ca. 1986.