Die Gemeinde Bayerdilling

(Alle sieben bekannten Gemeindesiegel sind abgebildet, außerdem 7 weitere Illustrationen.)

Die Gemeinde Bayerdilling hatte zeitweise parallel zwei Siegel, verwendet wurden: „Ruralgemeinde“ von 1826 bis 1851, „Landgemeinde“ 1837 bis 1880, „Landgemeinde-Verwaltung“ um 1884 nur einige Jahre und mit Zusatz „Königreich Bayerdilling“ von 1885 bis 1926 (obwohl die Monarchie 1918 abgeschafft worden war), sowie mit Adler und Hakenkreuz von 1935 bis 1945, das erste „Bayern“-Siegel von etwa 1948 bis 1952 (ein fast identischer Siegel, nur das Schriftbild etwas enger, war von 1926 bis 1935 in Gebrauch) und das zweite „Bayern“-Siegel von 1952 bis 1974.

Die Aufgabenstruktur der beiden Gemeinden hat sich im 20. Jahrhundert sehr nachhaltig geändert. Waren die ländlichen Kommunen früher in erster Linie bäuerliche Wirtschaftsgemeinschaften und der Bürgermeister der „verlängerte Arm“ von Landgericht und Bezirksamt, so trat immer mehr die kommunale Selbstverwaltung und die Schaffung einer modernen Infrastruktur in den Vordergrund. Schon der Blick in den städtischen Haushalt verrät, daß die Landwirtschaft heute im Gesamtbild der Kommune nur noch untergeordnete Bedeutung hat, aus finanzieller Sicht beschränkt auf Wirtschaftswegebau und Unterhalt der fließenden Gewässer.

Der Blick in die Akten und Protokollbücher der Gemeinde Bayerdilling zeigt die Schwerpunkte früherer Aufgaben: landwirtschaftliche Ordnung (wie die nebenstehende Vorschrift vom 15. Oktober 1894), Zuchttierhaltung, Viehweide, Nutzungsrechte am unverteilten Feldbesitz der Gemeinde, Feldwegebau, Viehwaage, Kiesgrubenunterhalt (1933 waren die Gruben Richtung Wächtering und westlich „Neuwirt“ in Betrieb), Gewässerunterhalt und Aufstellung von Hüter, Nachtwächter, Abdecker (für Beseitigung des verendeten Viehs) sowie Flurwächter. In unserem Jahrhundert kam die Bekämpfung des Kartoffelkäfers dazu: 1956 wurde die vom Landwirtschaftsamt im Dorf stationierte Spritze von der Gemeinde übernommen.

Jährlich wurde die Schafweide verpachtet, im 19. Jahrhundert gab es sogar eine gemeinsame Verpachtung der ehemals Niederschönenfelder Schafweide bei Sulz durch die Gemeinden Bayerdilling, Oberpeiching, Münster und Pessenburgheim (einige Abrechnungen ab 1840 sind erhalten). Das Weiderecht wurde oftmals in zwei Teilen versteigert, zusammen ausreichend für 350 (1846) beziehungsweise 500 (1902) Schafe. Der Schafweidepacht betrug vor dem Ersten Weltkrieg 1000 M, er stieg durch die beginnende Inflation auf 4400 M im Jahr 1920 und für die sommerweide 1921 schon auf 21 500 M (Pächter war wie bisher Georg Allmendinger aus Wangen). Nach 1923 sank der Betrag wieder; gezahlt wurden beispielsweise 1250 M im Jahr 1935, 2000 M anno 1938, dann ging der Betrag zurück auf 1500 bis 1900 M (gültig bis 1953). Schäfer Klarmann aus Hohenwart zahlte 1956/57 jeweils 2650 DM. 1958 endete die schon im ausgehenden Mittelalter verbriefte Schafweide, die im Flurnamen „Lämmerheide“ weiterlebt. Am 13. August 1957 hieß es, in nächster Zeit soll durch die Moorwirtschaftsstelle mit dem Umbruch der Schafweide begonnen werden und am 12. november 1958 wurden die verbliebenen Hürden (Zäune) zum Verkauf angeboten.

Schafweideverpachtung für 1853

Erst beim zweiten Termin am 5. Oktober 1852 konnte der von der Gemeinde bei der Versteigerung aufgeworfene Preis von 150 fl für die Schafweide im Sommer 1853 erreicht werden. Mit dem Seifensieder Georg Schneider von Rain, der als einziger bereit war, diesen Preis zu zahlen, wurden die Bedingungen, niedergeschrieben von Lehrer Ludwig Mayr, ausführlich festgehalten:

1. Die Weide wurde für 300 Schafe in einer Herde verpachtet, wobei der Kuhhirte den Bereich vom Sallacher Feld bis ans Rainer Straßl mit seiner Herde abweidete.

2. Die Kost für den Schäfer und Hund mit Getränken hatten die Gemeindemitglieder nach bisherigem Brauch zu geben oder dem Schäfer pro Tag 40 xr zu bezahlen.

3. Der Schäfer erhielt täglich 9 xr Vorschlaggeld, hatte aber dafür bis zum 15. September täglich drei Ställe - abends, nachts und mittags - zu machen.

4. Schafweide war die Gemeindeflur mit dem Heimberg bis zur Straße nach Pessenburgheim.

5. Der Pächter braucht die Bayerdillinger Schafe nicht mit zu hüten.

6. Alle in der Brache angebauten Früchte wie Klee, Wicken, „Erdäpfel“, Getreide und jungen Klee hat der Schäfer zu meiden, bei Verstoß hat er 3 fl Strafe zu zahlen.

7. Von der Pacht sind 5 fl 24 xr sofort als „Draufgeld“, der Rest in zwei gleichen Teilen bei der Schur und beim Abzug von der Weide zu zahlen.

8. Wenn er die Schafe nicht zur Weide bringen sollte, hat der Schäfer „eine von der Gemeinde zu bestimmende Entschädigungssumme ohne Einrede und Weigerung unverzüglich zu zahlen.“

Auf die Schafweide legten die Gemeinde und die Ackerbesitzer aus mehreren Gründen großen Wert. Einmal war es eine ökologische Art der Unkrautbekämpfung im Übergangszeitraum zwischen Ernte (beispielsweise Weizen) und neuer Aussaat (Gerste), zum anderen war der Schafmist gleich wieder Düngung. Für diese Vorteile mußten die einzelnen Gemeindemitglieder den Schäfer abwechselnd verköstigen, während das Pachtgeld in die Gemeindekasse floß und diese entlastete.

Gemeindeverwaltung

Nicht anders verlief die Entwicklung der Zuchttierhaltung. 1920 gab es zwei Stiere und zwei Eber. Bis zu vier Stiere (1956) und normalerweise zwei Eber wurden noch in der Nachkriegszeit gehalten. 1962 ließen sich bereits erste Besamungsbetriebe von der „Deckumlage“ für Rinder befreien. 1964 teilten sich nur noch acht Tierhalter die Kosten des Gemeindebullens. Die künstliche Besamung der Schweine folgte in den 1970er Jahren.

Bis nach dem Ersten Weltkrieg gab es Gemeindeversammlungen, die über die wichtigen Angelegenheiten beschlossen (im Gegensatz zur „beratenden“ Bürgerversammlung). Nach dem Steuerfuß hatten die großen Bauern dabei mehrere Stimmen. Für den 8. Dezember 1885 sind überliefert: Gallbauer 15, Bachbauer 9, Schwarzwirt, Küglebauer je 6, Heinrichkarl 5, Neuwirt und Hofwirt je 4 Stimmen, die restlichen 1 - 3 Stimmen. Anwesend waren 59 der 70 Stimmberechtigen mit 132 Stimmen. Schon 1894 ist das Abstimmungsergebnis nach „Köpfen“, also ohne Mehrfachstimme für die größeren Steuerzahler, vermerkt. Oft ist die Festlegung der Gemeindeumlage Gegenstand der Versammlung, wobei momentane Baumaßnahmen oft zu kurzfristigen Erhöhungen führten. 1910, als ein großes Manöver des Königlich-Bayerischen Heeres in der Gegend stattfand (der höchste Offizier war beim Gallbauer einquartiert), konnte die notwendige Erhöhung der Umlage durch die für die Einquartierung angefallenen „Servisgelder“ vermieden werden. Die Gemeindeversammlung legte bei einer Gegenstimme fest, daß die Beträge aus der Staatskasse bei der Gemeinde verbleiben sollen.

Eine oberpolizeiliche Vorschrift von 1894

Am 15. Oktober 1894 überarbeitete die Gemeindeverwaltung ihre vorschriften für die „bäuerliche Wirtschaftsgemeinde“ Bayerdilling. Die neue „oberpolizeiliche vorschrift für die Landgemeinde Bayerdilling“ hatte folgenden Inhalt:

§ 1

Wer Rindvieh, Pferde, Schweine, Schafe oder Ziegen außerhalb eines geschlossenen Hofraumes oder anderer umfriedeter Räume ohne gehörige Aufsicht umherlaufen läßt, unterliegt einer Feldstrafe bis zu 9 Mark.

§ 2

Die Ausübung der Einzelhut auf ungeschlossenen fremden oder eigenen Grundstücken darf nur unter gehöriger Aufsicht und nur dann stattfinden, wenn die Früchte der angrenzenden Grundstücke (Äcker oder Wiesen) vollständig abgeerntet sind. Die dem Weideberechtigten zustehenden Triebwege müssen genau eingehalten werden.

§ 3

Das Auslaufenlassen des Hausgeflügels auf Felder und Wiesen während der Saattage und Erntezeit ist verboten. Feldtauben müssen während der Frühjahrs- und Herbstaat sowie während der Ernte eingeschlossen werden. Die Zeit und Dauer der Einschließung wird jeweils durch besondere ortspolizeiliche Anordnung bestimmt und verkündet.

§ 4

1. Das Nachgrasen, Nachrechen, Nachlesen insbesondere der Ähren ist vor vollständiger Abräumung der Felder und Wiesen, dann während der Zeit von Sonnenuntergang bis 5 Uhr Morgens verboten. Außerdem muß die Nachlese auf Feldern, deren Eigentümer dieselbe untersagt und dies durch Aufstecken eines Strohwisches im Felde kenntlich gemacht hat, gänzlich unterbleiben. Verboten ist ferner das Auskräutern der Saatfelder, das sogenannte Dinkelschneiden und das Ausrupfen des sogen. Waisches auf fremden Grundstücken ohne Bewilligung des Eigentümers.

2. Das Beweiden der Feldwege und Raine zwischen und neben angebauten Feldern ist untersagt.

3. In fremde offene Felder und Wiesen Steine und Unrat werfen, ferner auf Flurwegen, Hut- und Angerplätzen ohne ortspolizeiliche Bewilligung Schutt abzulagern ist verboten.

4. Die zur Sicherung der Fluren dienenden Vorrichtungen, Einfriedungen usw. dürfen weder durchbrochen, noch niedergerissen, Hege- und Warnungszeichen weder abgerissen, beschädigt oder zerstört noch unbefugt hinweggenommen werden.

5. Bestehende Feldwege dürfen unbefugter Weise nicht gesperrt oder verlegt, noch zu einem fremdartigen Zweck wie z. B. für Frachtfuhrwerke benützt werden.

6. Im Frühjahr müssen die Hecken auf 1 Meter vom Boden abgestutzt und entsprechend beschnitten werden.

7. Abzugsgräben dürfen nicht eingefüllt, verengt oder verlegt werden. Im Frühjahr und im Herbste müssen sämtliche Abzugsgräben nach erfolgter öffentlicher Bekanntmachung der Ortspolizeibehörde

innerhalb 14 Tagen gründlich gereinigt werden. Die Reinigung von Abzugsgräben, welche mit Bächen oder Flüssen in Verbindung stehen, ist gleichzeitig mit der Reinigung und Räumung der letzteren vorzunehmen.

8. Das unbefugte Besteigen fremder Obstbäume ist verboten. Zuwiderhandlungen unterliegen einer Geldstrafe bis zu 15 Mark.

§ 5

1. Alljährlich in den Monaten Februar und März, außerdem im Bedarfsfalle nach besonderer ortspolizeilicher Anordnung, müssen sämtliche Obstbäume, Gesträuche und Hecken von Raupen und Raupennestern gereinigt werden. Zuwiderhandlungen unterliegen einer Geldbuße bis zu 60 M oder Haft bis zu 14 Tagen.

2. Bei Überhandnehmen der Feldmäuse hat jeder Grundbesitzer zur gemeinsamen Vertilgung derselben nach besonderer Anweisung der Ortspolizeibehörde mitzuwirken. Zuwiderhandlungen unterliegen einer Geldstrafe bis zu 15 Mark.

Aus den Gemeinderatsprotokollen

Breiten Raum in den Ratsprotokollen nahmen zu Zeiten des Königreiches die Heimatrechtsverleihungen ein. Niederlassen konnte sich im Dorf in der Regel nur, wer eigenen Landbesitz hatte. Das Heimat- und Bürgerrecht war mindestens bis 1918 kostenpflichtig. Gestaffelt nach der Betriebsgröße waren beispielsweise 1893 bis zu 42 M für das Bürgerrecht fällig.

Durch die Vielzahl der Kinder blieb den „Nachgeborenen“ allerdings nur der Weg in die Großstädte, wo die beginnende Industrialisierung neue Arbeitsplätze bot; die Auswanderung (Koller-Brüder) war die Ausnahme. Wer abwanderte, genoß zunächst noch das Heimatrecht an seinem bisherigen Wohnort. Für die Gemeinden bedeutete dies eine Belastung insofern, als sie im „Fürsorgefall“ für den Betreffenden aufkommen mußte. Aufgrund eines neuen Gesetzes erbat die Gemeinde Bayerdilling ab 4. Februar 1897 bis 1905 für 24 Personen um das Heimatrecht in weiter entfernten Gemeinden, da diese sich seit vier beziehungsweise sieben Jahren am neuen Wohnsitz aufhielten und seither keine „Armenunterstützung beansprucht haben“. Vier dieser Personen hatten in der näheren Umgebung Anwesen übernommen (teils eingeheiratet), je einer war nach Rain, Rehling, Neuburg und Wasserburg gegangen, sechzehn aber waren in Großstadtbereiche gezogen (sieben Lechhausen, zwei Pfersee, drei Augsburg, vier München).

Bei den 19 Verehelichungszeugnissen, die zwischen 1898 und 1904 nicht in die Dörfer der nächsten Umgebung gingen, waren Lechhausen (sechs), Augsburg (fünf), München (drei) sowie Pfersee, Ulm, Freiburg, Ludwigshafen und Kochel am See (je eins) die Heiratsorte der ehemaligen Bayerdillinger. Ähnliche Verhältnisse ergeben sich auch für die Zeit bis 1914. Lechhausen war die „altbayerische Kolonie“ von Augsburg, die Zuzügler waren zum allergrößten Teil Fabrikarbeiter und Taglöhner. Lechhausen war auch überwiegend das Ziel von Anwesensbesitzern, die „abgewirtschaftet“ hatten, das heißt die aus finanziellen Gründen verkaufen mußten oder gar zwangsversteigert wurden. Ein geflügelter Spottreim darauf lautete „Oidi Kuah - Lechhausen zua“.

Die Ämter des Hirten und des Nachtwächters waren Einwohnern mit geringem Grundbesitz oder Wohnung im Gemeindehaus „vorbehalten“ und nicht gerade üppig bezahlt. Der Gemeindehirte erhielt, aber nur wenn er das Vieh austrieb, sonntags das „Hirterbrot“. Wenn es die Witterung zuließ, trieb er oft noch rasch am Samstag aus, um diese Entschädigung zu bekommen.

Bei den Aufgaben der Gemeinde als Sicherheits- und Ordnungsbehörde sind zu erwähnen: regelmäßige, mindestens jährliche Visitationen der Lebensmittelbetriebe (Wirte, Krämereien und Bäcker) durch den Bürgermeister (die Protokolle sind größtenteils erhalten), Gewerbeüberwachung, Feuerbeschau zusammen mit einem Zimmermeister und die Fleischbeschau. Die Gebühren für die Beschau wurden im Juni 1893 wie folgt festgelegt: 20 Pf für ein Schwein, 40 Pf für ein Rind, 20 Pf für Schaf oder Kalb. Fleischbeschauer Michael Vetter und sein Stellvertreter Paul Steidle durften die Gebühren als Gehalt behalten. Selbst Alois Gütl (ab 1952) war in den ersten Jahren noch als gemeindlicher Fleischbeschauer tätig.

Unkomplizierter, menschlicher war die Verwaltung in früheren Zeiten beileibe nicht. Die schulischen Verhältnisse in Sulz mögen dafür ein Beispiel sein. Es ging dabei nicht nur um die Kinder des Gutsbauern, sondern auch um die der landwirtschaftlichen Arbeiter. Am 23. November 1913 heißt es im Gemeinderatsprotokoll: „Die Schüler von Sulz besuchen seit unvordenklicher Zeit die Werk- und Sonntagsschule Bayerdilling. Nur in den letzten Jahren wurde verschiedenen Kindern durch Dispense der gastweise Besuch in Münster gestattet.“ Die Gemeinde Bayerdilling war nun gegen eine Umgliederung des Hofes nach Münster, denn der Schulweg sei nicht schlechter als von Strauppen. Die Wächteringer hätten zwar einen besseren, aber wesentlich weiteren Weg zurückzulegen. Platz sei genügend vorhanden. Abschließend ist der Hauptgrund genannt: auf die finanziellen Beiträge wolle man nicht verzichten. Geld ist für die Gemeinde noch anfangs dieses Jahrhunderts wichtiger als Erleichterungen, die den Kindern durch die Umgliederung zugute kommen (zwei statt dreieinhalb Kilometer Schulweg, der zu Fuß zurückzulegen war). Letztlich wurde Sulz dennoch voll der Schule Münster angegliedert.

Garant für die einstige Unmittelbarkeit und Bürgernähe war die „Gemeinde“, das war ein Treffpunkt der Männer nach dem Sonntagsgottesdienst am westlichen Friedhofsvorplatz. Hier gab der Bürgermeister die wichtigsten Probleme sowie die Sitzungstermine bekannt. Für 1935 ist dies noch urkundlich belegt und noch in den ersten Amtsjahren von Joseph Königsdorfer sen. bestand diese Einrichtung. Für die Information der Bürger gab es neben der Amtstafel aber auch noch das Ausläuten: Gemeindediener Xaver Mießl war der letzte Vertreter dieser Zunft. Er fuhr bis in die 1960er Jahre durch das Dorf, machte sich mit der Gemeindeglocke bemerkbar und verkündete wichtige Termine. Der Usus des Ausrufens war bis in die 1960er Jahre auch bei Notschlachtungen üblich.

Lange Verhandlungen gab es ab 1888 wegen der damals erneuerungsbedürftigen Brücke über die Kleine Paar und die Straße Rain - Bayerdilling - Pöttmes allgemein. Ursprünglich wollte man die Brücke - wie bisher - vom Zimmermann Georg Händler wieder aus Holz herstellen lassen. Am 7. August 1892 beschloß die Gemeindeversammlung den Bau einer Steinbrücke, da diese wegen schwerer Fuhrwerke mit Holz aus Staats- und Privatwaldungen, mit Getreide, Kalk und Backsteinen zur und von der Eisenbahn erforderlich sei. Der Distrikt solle dafür zwei Drittel an Zuschuß zahlen. Am 23. Juni 1895 forderte die Gemeinde, daß die uralte überörtliche Verbindung zur Distriktstraße erklärt wird, denn die große Frequenz stelle bei vier Kilometern, die durch Gemeindegebiet führen, schwere Anforderungen an den Ort. Der Gemeinde ist das Vorhaben fünf Jahre später gelungen, allerdings mußte sie sich mit 2000 M am Bau einer neuen Brücke über die Kleine Paar beteiligen. Am 4. Februar 1900 erklärte sich die Gemeinde zur Zahlung der halben Kosten des Brückenbaues bereits. Zur Notbrücke soll das Material der alten Brücke verwendet werden. Die neue Brücke wurde 1900 gebaut, die Durchfahrt durch den Bach wurde erhalten, „da bei Feuersbrünsten sonst zu schwer zum Wasser zu gelangen ist“. Außerdem wurde der Weg aufs Feld durch den Bach als Viehtränke genutzt. Nach der Fertigstellung wurde die Brücke, zu der die Gemeinde 2000 M Kostenanteil leistete, samt Straße an den Distrikt übergeben. Am 1. November 1900 verweigerte die Gemeinde die Forderung des Distriktsrates, den Grunderwerb zur Erweiterung der Straße durch das Dorf von der Bachbrücke an zu übernehmen; lediglich die gemeindlichen Flächen wurden kostenlos angeboten.

Bürgermeister und Gemeinderäte wurden schon im 19. Jahrhundert durch die Stimmberechtigten (das Frauenwahlrecht wurde erst nach dem Ersten Weltkrieg eingeführt) gewählt. Der Gemeinderat bestand vor 1869 aus dem Vorsteher, dem Pfleger und drei weiteren Räten. Mit der damaligen neuen Gemeindeordnung setzte er sich aus Bürgermeister, Beigeordnetem (entspricht 2. Bürgermeister) und fünf bis sechs weiteren Räten zusammen. Ab 1912 sind Bürgermeister und neun Gemeinderäte (einschießlich „Beigeordnetem“) zu wählen gewesen. Bald nach der Machtergreifung wurde der Gemeinderat bestehend aus 1. Bürgermeister Josef Bürle, 2. Bürgermeister Jakob Gütl sowie Josef Fischer, Friedrich Koller, Johann Kruck, Josef Riehl, Georg Stuber, Alois Wagner, Jakob Würth und Josef Zach vollständig abgelöst: Stuber blieb bis 7. Juli 1933 im Amt, die anderen waren schon vor der Sitzung vom 11. Mai 1933 zurückgetreten oder suspendiert worden (zwei der Genannten gehörten dem Gremium ab 1938 zeitweise wieder an). Anstatt der Wahl durch die Bürger wurden Bürgermeister und Räte von den vorgesetzten Behörden in Zusammenwirken mit der NSDAP bestellt und entlassen. Am 16. Februar 1938 stimmte der Gemeinderat für die katholische Schule - ein großer Teil der Nachbargemeinden tat dies nicht. Bürgermeister und Rat wurden deshalb durch die übergeordneten Behörden abberufen; die neuen Amtsinhaber, so hat Pfarrer Strobl festgehalten, waren an der Absetzung unbeteiligt. Die letzte Sitzung in der Kriegszeit war am 20. März 1945; bei der ersten beurkundeten Nachkriegssitzung am 31. Januar 1946 war von vor 1933 nur Alois Wagner wieder dabei.

In den Ratsprotokollen fallen während des Dritten Reiches neben der personellen Frage drei Dinge auf: Ab 1938 hörte der Bürgermeister die Räte entsprechend der gesetzlichen Vorgaben nur noch an, die Entscheidung konnte er allein treffen. Die Niederschriften wurden nun wesentlich dürftiger und beinhalteten während des Weltkrieges fast nur noch die jährlichen Haushalte. Tatsächlich war aber die Gleichbehandlung der Bürger aufgehoben. Das ging so weit, daß bei gemeindlichen Arbeiten die Parteimitglieder bevorzugt wurden. Als neue Einnahmequellen wurden 1935 eine Biersteuer (je nach Stammwürzegehalt zwischen 2,50 und 6,00 RM je Hektoliter) und ab 1. Januar 1942 die Bürgersteuer eingeführt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg

Noch vor Gründung der Bundesrepublik begann in Bayerdilling die Aufbauarbeit im öffentlichen Bereich, nachdem 1945/46 die gröbsten Gebäudeschäden der letzten Kriegstage behoben worden waren (Dachplatten standen allerdings erst nach der Währungsreform vom 20. Juni 1948 zur Verfügung). Mußte Gregor Breimair sich praktisch nur um die Not, insbesondere die vielen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge kümmern, so galten die ersten Engagements von Bürgermeister Königsdorfer ab Dezember 1946 den Kirchenstufen und zusammen mit Pfarrei und Gemeinde Wächtering dem neuen Kirchengeläute. Für die Kirchenstufen wurde am 26. Januar 1947 bei der örtlichen Spar- und Darlehenskasse (Raiffeisen) ein Sonderkonto eingerichtet; am 12. Juni 1949 konnte die Maßnahme abgeschlossen werden. Tanz- und Theaterveranstaltungen sowie eine Haussammlung finanzierten den Löwenanteil des über 10 000 M teuren Projektes, außerdem wurden 1000 M aus gemeindlichem Holzeinschlag verwendet. Der Kreuzweg mit Kriegerdenkmal am Kirchberg konnte am 27. August 1950 geweiht werden. 1953 stand - vermutlich erstmals - ein elektrisch beleuchteter Christbaum auf dem Kirchberg - eine Tradition, die mit wenigen Unterbrechungen bis heute weitergeführt wird.

In jener Zeit lief die Flurbereinigung I auf vollen Touren, denn am 29. August 1949 übernahm die Gemeinde die gemeinschaftlichen Einrichtungen in ihr Eigentum. 1954 wurde das Leichenhaus fertiggestellt (Wächtering erwarb 1962 daran einen Drittel-Anteil), im selben Jahr waren die Regulierung der Kleinen Paar und der Kauf eines gemeindlichen Baggers bereits Gegenstand der Bürgerversammlung. Der Bagger wurde von der Raiffeisengenossenschaft erworben und von der Gemeinde in Anspruch genommen. Der Flutkanal wurde 1957 errichtet und in der Folge die Wiesenentwässerung vorangetrieben - ein aus heutiger „ökologischer“ Sicht zumindest teilweise falscher Schritt. 1958 erfolgte der große Aufbruch: die Gemeinde entschloß sich zur Ausweisung von Baugelände in der Flurbereinigung, den Ausbau der Landstraßen und der Innerortsstraßen mit Anlegung von Gehwegen. Anfangs 1959 bekam ein Teil der Untergasse bereits eine Schwarzdecke. Am 15. August jenen Jahres war „Hebauf“ für die ausgebaute Straße Richtung Wallerdorf. Nach der Getreideernte 1961 wurde mit dem Straßenbau in Richtung Pessenburgheim begonnen, 1962 folgte der Ausbau der Straße nach Sallach, die zum 1. Januar 1963 zur „Kreisstraße ND 10“ aufgestuft wurde; die Teerung der Innerortsstraßen war 1959/61 ebenfalls weitgehend erfolgt. Die Gemeinde hatte bei der Finanzierung einen erheblichen Vorteil: der Kies aus der gemeindlichen Grube kostete nichts, die Anfuhrstrecke war kurz und einige Arbeiten wurden von den Einwohnern durch Hand- und Spanndienst geleistet.

Am 10. Februar 1960 kaufte Leonhard Braun als erster einen Bauplatz in der künftigen Siedlung, sehr rasch folgten in den nächsten Jahren die Käufe und Neubauten. Nach der Ansiedlungswelle unmittelbar nach dem Krieg an der Pessenburgheimer Straße (Koller, Kammerer, Hopfenzitz, Gütl und Möck) folgte die „Siedlung“, wie sie im volksmund noch heute bezeichnet wird. Je nach Qualität gab es die Bauplätze für 35 bis 60 DM pro Dezimal, also schon ab etwas mehr als einer Mark pro Quadratmeter. Für den Straßenbau wurden ab Juli 1960 zwei Mark pro Arbeitsstunde bezahlt. Vergleicht man die Zahlen, so konnte man sich täglich rund 15 Quadratmeter Bauland „erarbeiten“ - heute ist das undenkbar.

Weitere Projekte der Gemeinde Bayerdilling waren der Bau der „Leichenkreppe“ („Am Kirchberg“), beschlossen am 7. Dezember 1960, und der Bau des Feuerwehrgerätehauses 1964 (das alte stand vor dem „Bachbauernhof“). Die Landwirtschaft war bei den kommunalen Aufgaben nun in den Hintergrund getreten. 1968 war die ehemalige Kiesgrube westlich „Neuwirt“ vollständig mit Abfall verfüllt, als neue Ablagerung - bis zur Änderung der Gesetzgebung um 1977 - wurde der Gemeindeplatz am nordwestlichen Abhang des Heimberges akzeptiert.

Eine wahrhaft historische Entscheidung fällte der Gemeinderat am 8. Oktober 1965: Im Jahr 1954 war eine Friedhofserweiterung verbunden mit einer Wegverlegung vermessen worden, die in der Natur bereits 1845/47 vorgenommen wurde, ohne damals jedoch im Kataster eingetragen worden zu sein. Die Gemeinde wurde anerkannt und das Grundstücksgeschäft mit der Kirchenstiftung beurkundet. Die angesprochene, 120 Jahre alte Friedhofserweiterung erfolgte in Richtung Norden. Es sollte nur wenige Jahre dauern, bis die Gemeinde nach Auflassung der Schule den Friedhof erneut, dieses Mal in Richtung Osten, erweiterte. Die Maßnahme wurde am 6. Juli 1972 beschlossen und noch vor der Eingemeindung beendet; die Sanierung der Friedhofsmauer wurde am 10. Januar 1975 abgeschlossen.

Einen Schlußspurt und damit höchste finanzielle Beanspruchung machte die Gemeinde bis zur Aufgabe der kommunalen Selbständigkeit per 1. Januar 1975. Die Innerortsstraßen mußten teilweise erneut geteert werden, die Schulbaukosten in Rain waren zu finanzieren und die Erschließung der Siedlung war noch nicht abgeschlossen. Obwohl seit Sommer 1973 die Räume in der ehemaligen Schule zur Verfügung gestanden hätten, stellte der Gemeinderat aus finanziellen Gründen die Errichtung eines Kindergartens zurück, der dann allerdings bereits im Oktober 1975 von der Stadt Rain geschaffen worden war. Die Gemeinde hatte nämlich die Entwässerung als Hauptproblem.

Das Kanalprojekt, zur Planung am 24. Oktober 1962 beschlossen, ist bis heute nicht beendet. Dieses kostspielige Projekt entzweite Gemeinde und schließlich auch Gemeinderat. Vier Enteignungsverfahren wegen Durchleitung des Hauptkanales wurden ab 1966 angestrengt und zogen sich dahin, mußten aber letztlich nicht abgeschlossen werden. In den fünf Jahren vor der Eingemeindung wurde schließlich der allergrößte Teil des westlichen Dorfes kanalisiert und die Kläranlage errichtet. Kleinere Abschnitte („Bauerngasse“) folgten durch die Stadt Rain, doch das Kirchbergdorf hatte bis heute kein öffentliches Abwassernetz. Bezüglich der öffentlichen Wasserversorgung wurden 1966 mit dem Zweckverband Thierhaupten die Verhandlungen aufgenommen; das Projekt selbst wurde in den Jahren 1979 und 1980 von der Stadt durchgeführt. Versorgt wird Bayerdilling bis zum „Schwarzwirt“ aus Burgheim, der Rest des Kirchbergdorfes aber aus Thierhaupten.

Ergebnisse von zwei Landtagswahlen in Bayerdilling
1966 1974
Partei Erststimme Zweitstimme Erststimme Zweitstimme
CSU 220 190 218 207
SPD 33 34 33 34
F.D.P. 24 18 2 3
Bayernpartei 2 2 5 1
NPD 3 4 2 0

Kreis- und Gemeindereform

Bei der Kreisreform hatte sich der Gemeinderat 1971 für einen Verbleib bei Neuburg ausgesprochen, da Donauwörth seinen Kreissitz in Richtung Nördlingen verlieren sollte. Am 11. Juni 1972 leisteten die Bayerdillinger und Wächteringer wie das ganze Lechgebiet den entscheidenden Beitrag, daß im neuen Landkreis Nördlingen-Donauwörth (ab 1. Juli; 1973 wurde der Name auf Donau-Ries geändert) die Brückenstadt zum Kreissitz erhoben wurde. Gezielt wurden Bewerber aus dem südlichen Landkreis und Landrat Dr. Andreas Popp gewählt, so daß sich im Kreistag eine deutliche Mehrheit für Donauwörth ergab.

Schon frühzeitig war den Bayerdillingern klar, daß die kommunale Selbständigkeit nicht erhalten werden kann. Die Mitgliedschaft in einer Verwaltungsgemeinschaft, für die anfangs 1000 Einwohner vorgegeben wurden, scheiterte daran, daß sich Wächtering und Wallerdorf nicht einer Gemeinde Bayerdilling anschließen wollten. In der Bürgerversammlung vom 15. Dezember 1971 sprachen sich 58 Bürger für einen Anschluß an Rain aus, zwei votierten dagegen, zwei enthielten sich. Zunächst wollte man selbständig bleiben. Am 27. Februar 1974 votierte der Gemeinderat mit sechs zu drei Stimmen für die Eingemeindung, am 6. Mai 1974 wurde der Stadt Rain der Wunschkatalog für den Anschluß per 1975 vorgelegt. Der folgende Bürgerentscheid vom 26. Mai 1974 untermauerte den Eingemeindungswunsch eindeutig: 90 Prozent sprachen sich für den Weg nach Rain aus, nur knapp zehn Prozent für den Erhalt der Selbständigkeit. In den folgenden Monaten war der Gemeinderat - ohne Sitzungsgeldentschädigung - noch enorm fleißig in der Regelung örtlicher Probleme.

Ehrenbürger der Gemeinde waren Pfarrer Georg Kaiser, verliehen zum 25jährigen Priesterjubiläum am 10. Juli „in Anbetracht der in fast 17jährigem Wirken dahier errungenen Verdienste um Kirche, Schule und Gemeinde“, Joseph Hofgärtner („Schafflerkramer“, 1850 - 1930, als verdienter Bürgermeister von 1900 bis 1911 anläßlich seiner Goldenen Hochzeit 1926 ernannt), Thomas Stiglmair („Mesner“, 1874 - 1957, für seinen jahrzehntelangen kirchlichen Dienst anläßlich seiner Goldenen Hochzeit 1951 ernannt) und Pfarrer Josef Strobl (1897 - 1972, als jahrzehntelanger Seelsorger 1960 ernannt).

Die Fortführung der kommunalen Gemeindegeschichte für die Zeit ab 1975 soll einem späteren Heimatbuch vorbehalten bleiben.

(Der Beitrag "Verwaltungsgemeinschaft im 19. Jahrhundert" über die Verpachtung der Schäferei Sulz durch die Gemeinden Bayerdilling, Münster, Pessenburgheim und Oberpeiching, der hier anschließt, ist nur im Buch nachlesbar.)