Genossenschaften

(Dieser Beitrag enthält 13 Abbildungen und eine Graphik)

Dreschgenossenschaft II

Am 20. Januar 1927 gründeten 27 Landwirte die Dreschgenossenschaft Bayerdilling II. Sie wurde zum Segen für die beteiligten Landwirte. Noch vor der offiziellen Gründung, am 4. Januar 1927, trat die „eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht“ dem Raiffeisenverband bei. Genau 40 Jahre später, am 4. Januar 1967 wurde sie „liquidiert“. Die Zeit - konkret der Mähdrescher - hatte sie überholt. Die Dreschgarnitur mußte nicht nur ihren Platz in dem im Sommer 1928 „schwarz“ gebauten Stadel für die neue Maschine der „Mähdreschergemeinschaft“ räumen - sie ging im wahrsten Sinne des Wortes in Flammen auf. Die Dreschgenossenschaft II - Vorgeschichte, 40 Lebensjahre und Nachleben - ist beispielhaft für die tiefgreifende Veränderung in der Landwirtschaft und im ganzen Dorf im Laufe des 20. Jahrhunderts, weshalb ihr und den Bayerdillinger Dreschmaschinen größerer Raum eingeräumt wird.

Mindestens sechs Dreschmaschinen gab es zuletzt insgesamt in Bayerdilling mit Wächtering. Die erste war die sogenannte "Bauernmaschine", an der die größeren Höfe beteiligt waren, unter anderem Peter-, Kigle-, Gall- und Jungbauer sowie Untermüller, Jodl, Wirt, Heinrichkarl, Schwarzwirt, Neuwirt, Hanselmann und Hillebrand. Für diese Bauernmaschine hatte man später, 1936, einen Deutz als Antrieb gekauft. Vor diesem Kauf war beim Gallbauern ein „Lanz“ und ein „Deutz“ probiert worden. (Anmerkung: 1960 gab Gallbauer eine Dreschmaschine beim Kauf des Mähdreschers in Zahlung, woher kam diese Maschine?).

Bald nach 1905, als Josef Bürle vom Tannenhof eingeheiratet hatte, erwarb der Bachbauer eine eigene Maschine. Vorausgegangen waren Differenzen mit den weiteren Eignern der „Bauernmaschine“ wegen der Termineinteilung. Der alte Tannenhofbauer drängte seinen Sohn („Bachbauer“ Josef Bürle), selbst eine Maschine zu kaufen. Der Bachbauer hat in den folgenden Jahren für viele Anwesen - zahllose Kleinlandwirte, aber beispielsweise auch auf dem Hauserhof - auf Lohn gedroschen. Da die beiden Maschinen die Ernten nicht mehr bewältigten, kam es in den 1920er Jahren vermehrt zu Terminkonflikten. Viele Bauern mußten wegen Platznot vor dem Grummet-Einfahren einen Teil ihrer Ernte bereits dreschen. Beim „Jodl“ hat man beispielsweise in einem Kalender festgehalten, daß am 5. August 1906 zwei Arbeitsstunden der Dreschmaschine (zu 2,20 Mark) bezahlt hat; „ausgedrochen“wurde dann mit 12 ¾ Stunden am 17. September 1906 (26,40 Mark am 1. Januar 1907 bezahlt).

So kam es anfangs 1927 zur Gründung der Dreschgenossenschaft II. Der Kaufvertrag ist datiert vom 12. Januar 1927, der Beitritt der Gründungsmitglieder ist am 20. Januar 1927 erfolgt. Gründungsmitglieder waren (in Klammern damalige Hausnummer, Zusatz „W“ für Wächtering): Leonhard Gütl (26), Franz Lenz (69), Georg Stuber (95), Johann Kruck (39), Mathias Stegmair (48), Ignaz Golling (57), Benedikt Gutmann (29), Georg Koller (12), Vinzenz Fischer (2), Friedrich Koller (31), Johann Koller (47), Josef Fischer (32), Leonhard Modlmair (W 15), Kaspar Lutz (72), Alois Wagner (35), Michael Hegenauer (37), Anton Wagner (73), Michael Modlmair (W 20), Jakob Schmaus (W 16), Kaspar Kammerer (W 21), Lorenz Breimair (W 11), Mathias Schmid (53), Georg Straßl (52), Josef Riehl (74, ab 1929: 36), Alois Zinnagl (36, ab 1929: 19), Martin Spies (8), Viktoria Königsdorfer (63). Bis 1936 kamen noch dazu: Michael Gebhard (44, nur bis 1931), Franz Breimair (34), Thomas Haberl (40), Lidwina Brandner (W 1), Josef Steinbühler (W 3), Josef Lenk (69), Josef Gastl (W 18), Kaspar Lenz (42), Leonhard Zach (10), Michael Thalmeir (11) und Johann Klas (W 12). Die Genossen hatten je nach Betriebsgröße ein bis drei Geschäftsanteile. 1948 gab es 32 Mitglieder mit 82 Anteilen, 1963 zählte die Genossenschaft 26 Mitglieder, zwei Jahre später noch 19 und am Schluß des letzten Geschäftsjahres 1966 noch 16.

Zum Jahresende 1953 kündigten acht Wächteringer die Mitgliedschaft in der Genossenschaft II, und zwar die Hausnummern 1, 3, 11, 12, 15, 16, 18 und 21. Der Wächteringer Leonhard Modlmair hatte sich eine eigene Maschine gekauft, mit der er in der Folgezeit bei fast allen ortsansässigen Bauern das Dreschen übernahm. In Bayerdilling bildete sich nach dem Zweiten Weltkrieg eine weitere Genossenschaft; diesen Landwirten hat zuvor überwiegend der Bachbauer auf Lohn gedroschen. Die dritte Genossenschaft, an der viele Kleinbetriebe beteiligt waren, kaufte sich einen „Dechentreiter-Drilling“. Bei diesem Modell waren Elektromotor, Dreschmaschine und Strohpresse in einer Maschine vereinigt. Der Stadel für diese Maschine wurde an der Flurstraße, Ecke Garten „Kiglebauer“ und Point des „Peterbauern“, errichtet.

Die sechste Dreschmaschine besaßen schließlich seit 1937 die Brüder Leonhard und Alois Reißner in Bayerdilling. Es kamen außerdem „fremde“ Maschinen in die beiden Dörfer: der „Strobl“ Rusinger von Wächtering drosch zusammen mit seinem Pessenburgheimer Bruder, der Holzmüller arbeitete mit der Maschine des Lehmüllers von Holzheim.

Zurück zur Dreschgenossenschaft II. Vorstände waren unter anderem im Laufe der 40 Jahre Johann Kruck, Georg Stuber, Joseph Königsdorfer und Leonhard Koller. Ersterer erhielt in dieser Eigenschaft am 8. April 1929 einen Strafbefehl über zwei Reichsmark, ersatzweise einen Tag Haft, vom Rainer Amtsgericht, weil die Genossenschaft ihren Stadel an der Flurstraße im Sommer 1928 „schwarz“ gebaut hatte. Der Bau wurde gar noch auf Gemeindegrund errichtet, denn erst am 7. Mai 1932 erwarb die Genossenschaft das Gelände um 70 Reichsmark.

Die Dreschmaschine war vor der Haupternte 1927 erstmals beim „Angerlemann“ im Einsatz. Sie wurde anfangs von einem 14 PS starken Deutz angetrieben, den es beim „Binder“ wenige Jahre später „verrissen“ hatte. Nun wurde ein 25 PS starker Deutz-Traktor gekauft, der bis 1943 im Einsatz war. Erstaunlicherweise konnte die Genossenschaft den Elektromotor in der schon schwierigen Kriegsphase erwerben und am 28. August 1943 in den Dienst nehmen; der Traktor wurde zum Pflügen an die Genossen ausgeliehen.

Der Traktor war - abseits der großen Militärbewegung - in Wächtering eingestellt. In den letzten Kriegstagen, vermutlich am 26. oder 27. April 1945, nahm ihn die Wehrmacht in Beschlag. Um das Fahrzeug wieder zurückzubekommen, fuhr Alois Steinbühler aus Wächtering mit. In Reicherstein entschloß er sich Steinbühler aufgrund der nahen Front zum Rückweg zu Fuß. Der Traktor blieb bis 1950 verschollen. Georg Stuber machte den Schlepper bei einem Bauern in Oberbernbach ausfindig, der Prozeß in den Jahren 1950/51 blieb erfolglos. Da die Wehrmacht das Fahrzeug mitnahm, wurde die Militärregierung verfügungsberechtigt. Der Aichacher Landrat überließ ihn zunächst der Gemeinde Oberbernbach für dringende gemeindliche Arbeiten, am 29. Dezember 1948 erwarb ihn Landwirt Kirchner von der Erfassungsstelle für öffentliches Gut, Außenstelle Pfaffenhofen, um 1959 Mark. Er verweigerte mit Erfolg die Herausgabe, zumal er auch auf die rund 5000 Mark Reparaturkosten nach dem Kauf verwies.

Recht unkonventioneller Methoden bediente sich die Genossenschaft gegenüber Mitgliedern mit schlechter Zahlungsmoral: beim Dreschen wurde der Kostenbeitrag zuweilen in Form von Getreide, das an ein Lagerhaus verkauft wurde, gleich mitgenommen. Den Maschinisten mußte der Nutzer sofort in bar bezahlen, unmittelbar nach der Währungsreform im Sommer 1948 waren es 70 Pfennig pro Stunde. Für die Maschine waren 3 Mark je Stunde zu zahlen; Nichtmitglieder zahlten den gleichen Dreschlohn wie Bürle es von seinen Kunden verlangte.

Die Maschinenstunde schwankte später, je nach Reparaturbedürftigkeit, zwischen 2,50 und 9,00 DM. Etwa 300 Stunden hat der Maschinist pro Jahr gearbeitet, anfangs war dies Joseph Königsdorfer, nach dem Krieg dann Georg Riehl und zuletzt Leonhard Koller. Die vielen Helfer beim Dreschen gewann man durch „Reihum-Helfen“; jeder Hof hatte seinen festen Stamm, bei dem man im Gegenzug dann ebenfalls helfen mußte. Erforderlich war folgendes Personal: Maschinist, Einlasser, Aufträger und je nach Förderwegen von Getreide und Stroh mindestens fünf weitere Personen. Der Dreschtag war auch gesellschaftliches Ereignis, denn mittags und abends wurden alle Helfer verköstigt - und man kam ins Gespräch.

Der Niedergang der Genossenschaft samt Dreschgarnitur zeichnete sich mit den Dechentreiter-Mähdreschern ab 1960 unaufhaltsam ab. Die Genossen Königsdorfer und Braßler kauften beispielsweise gemeinsam ein solches Fabrikat; das Getreide wurde bereits auf dem Mähdrescher eingesackt. Einige Landwirte erwarben allein oder zu zweit einen „gezogenen“ Mähdrescher, der über die Traktor-Zapfwelle angetrieben wurde. Ein Teil ließ auf Lohn dreschen - anfangs oft nur einen Teil der Ernte. 1965 war die Dreschgarnitur letztmals bei vier Landwirten im Einsatz.

Mähdreschergemeinschaft

Acht der 16 zuletzt noch beteiligten Genossen bildeten eine Mähdreschergemeinschaft und erwarben mit Vertrag vom 12. Dezember 1966 gemeinsam für 27.200 DM bei Koch einen großen Mähdrescher „Claas Matador Standard“ mit 68 PS, erstmals eingesetzt 1967. 160 Mark mußte jeder Landwirt pro Tagwerk Ackerfläche beitragen. Lohndrusch kostete damals etwa 50 Mark pro Tagwerk, wobei allerdings nur rund zwei Drittel mit Getreide bebaut war. Im Dreschstadel mußte die alte Garnitur dem neuen Gerät Platz machen. Die „liquidierte“ Genossenschaft verkaufte am 3. Januar 1967 den Stadel für 2.250 DM an die acht Landwirte Braun (Hausnummer 52), Golling (57), Koller (12), Lenk (69), Lenz (42), Riehl (36), Schreier (47) und Stuber (95). Den Elektromotor kaufte für 200 DM Neidlinger. Die Dreschmaschine mit zwei Pressen erwarb „Eisenhändler“ Anselm Sedlmair aus Holzheim. Der Umweltschutz war noch klein geschrieben und so zündete er das gesamte Gerät in der Schuttdeponie Holzheim (Richtung Münster) an und verkaufte das übriggebliebene Eisen weiter. Die Zeiten haben sich gründlich gewandelt: 1998 müßten beträchtliche Entsorgungskosten aufgebracht werden.

Die Mähdreschergemeinschaft reduzierte sich im Juli 1986 bei der Finanzierung eines Tauschmotors auf fünf Beteiligte. Heute dreschen mit dem über 30 Jahre alten Gerät nur noch Herb, Schreier und Koller. Der Matador-Standard war im Erntejahr 1997 der älteste eingesetzte Mähdrescher in Bayerdilling.

Quellen und Informanten:

Archiv der Dreschgenossenschaft II (bei Leonhard Koller sen.).
Alois Reißner (geb. 1899), Leonhard Koller (geb. 1932), Fritz Koller (geb. 1927), Philipp Schmaus (geb. 1927) und Georg Riehl (geb. 1927).

Die Raiffeisengenossenschaft Bayerdilling

Lange vor den Raiffeisengenossenschaften als Selbsthilfeorganisationen der Landbevölkerung waren im städtischen Bereich schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Sparkassen gegründet worden. Geschäfte mit der 1842 gegründeten Stadtsparkasse Rain sind in Bayerdilling des öfteren nachweisbar - beispielsweise Konten der drei Kirchenstiftungen Bayerdilling, Wächtering und Nördling kurz vor 1900. Das Vermögen der Stiftungen wurde jedoch bevorzugt in Pfandbriefen und Ausleihungen an Bauern und Handwerker zinsbringend angelegt.

Für den Gedanken landwirtschaftlicher Genossenschaften wurde vor der Jahrhundertwende in unserem Raum geworben. Im Rainer Wochenblatt vom 25. Juli 1894 wurde über die zum Jahresbeginn erfolgte Gründung des bayerischen Landesverbandes landwirtschaftlicher Darlehenskassenvereine berichtet. 365 Vereine seien der Dachorganisation bereits beigetreten und sechs Revisoren zum 1. April bestellt worden. Pfarrer Anton Mittrücker war der Wegbereiter und Gründer der anfangs „Darlehenskassenverein“ genannten Genossenschaft. Am Ostermontag, 11. April 1898, fand beim Schwarzwirt eine gut besuchte Versammlung der neugegründeten Obmannschaft Bayerdilling des christlichen Bauernvereins statt, bei der Mittrücker in mustergültiger Weise den Vorsitz führte. Als „vorzügliche“ Redner traten Pfarrer Templer, Herr Lehmeier von Unterstall und Schulverweser Huber von Holzheim auf (Rainer Wochenblatt).

Vier Jahre später war es erneut Anton Mittrücker, der zur Gründung eines Darlehenskassenvereins einlud und bei der Versammlung vom 6. Juli 1902 in der Gastwirtschaft Mack („Neuwirt“) den Vorsitz führte. 33 Anwesende traten dem Verein bei; der Geschäftsanteil betrug 10 M und eine monatliche Einzahlung von 1 M. Als Vorstandsmitglieder wurden gewählt: Pfarrer Anton Mittrücker (Vorsitzender), Philipp Brandner (Wächtering, Stellvertreter), Josef Bruglachner, Josef Riel (beide Bayerdilling) und Johann Kammerer (Wächtering). Der Aufsichtsrat bestand aus Bürgermeister Josef Hofgärtner (Bayerdilling, Vorsitzender), Sigmund Kaindl (Wächtering, Stellvertreter), Augustin Augustin, Josef Oßwald, Gregor Breimair, Johann Haberl (alle Bayerdilling) sowie Andreas Weis (Nördling), Jakob Weiß (Wächtering) und Mathias Stegmaier (Bayerdilling). Der erste Rechner war Rupert Strobl, Bayerdilling. Zum Jahresende 1902 hatte der Verein bereits 59 Mitglieder, die Bilanzsumme betrug 8910 M bei einem Verlust von 77,14 M. Bereits ab dem zweiten Geschäftsjahr (24 952,64 M; Gewinn 193,46 M) schrieb der Verein „schwarze Zahlen“. Das Warengeschäft begann spätestens am 19. März 1903 mit dem Kauf eines Waggons Kunstdünger; im Dezember des gleichen Jahres wurden noch 200 Zentner Thomasmehl und 100 Zentner Kainit bestellt.

Die Gemeinde Bayerdilling geschäftete sehr frühzeitig mit der Raiffeisengenossenschaft, denn im Protokoll vom 2. November 1902 heißt es: „Nachdem in Bayerdilling ein Darlehenskassaverein System Raiffeisen verbunden mit einer Sparkasse gegründet ist und diese Sparkasse die eingelegten Gelder mit 3 ½ % verzinst, werden die bisher bei der Sparkasse Rain zu nur 3 % angelegten Gemeinde- und Stiftungsgelder entnommen und bei der Sparkasse Bayerdilling eingelegt. Auch mit den ferner anfallenden Kapitalien soll in gleicher Weise verfahren werden.“ Konkurrenz belebte schon immer das Geschäft! Bei den Ausleihungen war die Gemeinde ebenfalls sehr kostenbewußt, denn am 13. Juni 1909 beschloß man die Umschuldung des Darlehens für den Kauf der Waage auf die örtlichen Stiftungen - bisher hatte man das Geld vom Darlehensverein aufgenommen.

Der Darlehenskassenverein hatte als Geschäftsbereich seit der ersten Stunde die Pfarrei als Kern-Geschäftsbereich. Gründungsmitglieder waren 26 Bayerdillinger, sechs Wächteringer (= W) und ein Nördlinger: Augustin Augustin, Leonhard Augustin, Josef Bruglachner, Philipp Brandner (W), Georg Baumgärtner (W), Gregor Breimair, Nikolaus Frey, Anton Girstmair, Anton Gritschneder, Josef Grünwald, Johann Haberl, Josef Hofgärtner, Leonhard Hertl, Michael Koller, Sigmund Kaindl (W), Johann Kammerer (W), Kaspar Lutz, Leonhard Lenk, Michael Lindermair, Johann Mack, Anton Mittrücker, Josef Oßwald, Josef Riel, Anton Schupp, Rupert Strobl, Mathias Stegmair, Thomas Stiglmair, Paulus Vetter, Andreas Weis (Nördling), Stefan Wagner, Jakob Weis (W), Georg Würfl (W) und Leonhard Zach.

Die Bilanzentwicklung spiegelt die Geschichte des Vereines wieder: 1914 war die Summe auf 158 194,85 M gestiegen. 1919 ergab sich ein Verlust von 11 636,62 M, vermutlich durch Abschreibung auf die Kriegsanleihen. Nach der Inflation betrug die Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 1924 nur noch 1361,46 Goldmark. Die höchsten Zinssätze sind am 29. Mai 1924 festgesetzt worden: 15 % für Spareinlagen mit monatlicher Kündigung, 18 % für Darlehen. Am Tag der Währungsreform (20. Juni 1948) betrug die (alte) Bilanzsumme 1 068 078,96 RM. Nach der Umstellung der RM-Guthaben auf Deutsche Mark im Verhältnis von 100 zu 6,5 belief sich die Eröffnungsbilanz auf 70 336,26 DM. Das Wirtschaftswunder spiegelt sich in der weiteren Entwicklung wieder: ohne Verschmelzungen konnte die Summe bis zum Jahresende 1986 auf 20 088 816,67 DM - also auf das 228fache - gesteigert werden. In den folgenden sechs Jahren wuchs die Bilanzsumme nochmals um fast 50 % auf 30 081 000 DM (1992, letztes volles Geschäftsjahr vor der Fusion).

Die Verzinsung von Darlehen an Mitglieder wurde anfangs auf 4 % festgesetzt, wobei die Kreditsumme am 27. Dezember 1903 auf höchstens 10 000 M angehoben wurde. 1904 wurde schon die Notwendigkeit eines Lagerhauses gesehen (1938 wurde der Bau beschlossen, jedoch wegen des Krieges nicht ausgeführt). 1907 wurde zwei Genossen nahegelegt, wegen vereinsschädlichem Verhalten zu kündigen. Sie hatten ihre Anwesen an Juden verkauft, ohne die Genossenschaft zu informieren. 1908 wurde beschlossen, daß Mitgliedern, die Waren von anderer Seite beziehen, das Darlehen gekündigt wird.

1916 stellte die Generalversammlung für „Liebesgaben“ an die Kriegsteilnehmer aus dem Kreis der Mitglieder (und deren Söhne) eine Spende von 100 M zur Verfügung. In der Inflationszeit wurde die Rechner-Vergütung in Naturalien gewährt: Leonhard Gütl erhielt ab 1. Juli 1923 monatlich den Wert von einem halben Zentner Roggen. In der Versammlung vom 23. November 1933 wurde die „Gleichschaltung“ vollzogen. 1936 wurde eine Saatgutreinigungsanlage gekauft. Am 30. Januar 1938 wurden die Mitglieder über den Erwerb einer modernen Kartoffeldämpfkolonne und eines Kleereiber informiert. Das Geschäftsjahr 1937 brachte, bedingt durch die Entschuldungsverfahren, einen Bilanzverlust von 566 M. Das „Erbe des Krieges“ ist in der Vorstandssitzung vom 10. Mai 1945 festgehalten: nach Abzug der Besatzungstruppen fehlten in der Kasse 22 294,86 M, außerdem war die Kartoffeldämpfkolonne ein Opfer des Krieges geworden. Die Sitzung zeigt, wie rasch die Genossenschaft wieder aktiv wurde, denn erst am 27. April 1945 war der Ort von den Alliierten besetzt worden.

Name und Rechtsform der Gesellschaft änderten sich mehrfach. 1902 als „Darlehenskassenverein Bayerdilling - eingetragene Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht“ gegründet, erfolgte am 3. Juli 1934 die Umbenennung in „Spar- und Darlehenskasse Bayerdilling“ und am 15. Juli 1951 in „Raiffeisenkasse Bayerdilling“ (weiterhin mit unbeschränkter Haftpflicht). Am 19. März 1963 erfolgte die Änderung auf „eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht“ und in der Generalversammlung vom 10. Juli 1974 wurde die Änderung der Firmenbezeichnung in „Raiffeisenbank Bayerdilling - eingetragene Genossenschaft“ beschlossen. Die Fusion mit der Raiffeisenbank Rain (aufnehmende Körperschaft, Bilanzsumme 1992: 183 990 000 DM) erfolgte durch Beschluß der Generalversammlung vom 27. Mai 1993 mit Wirkung ab 1. Juli 1993. Ausschlaggebend für die Aufgabe der Selbständigkeit der zu diesem Zeitpunkt zweitkleinsten Genossenschaftsbank im Landkreis Donau-Ries waren die hohen Anforderungen der Europäischen Gemeinschaft an das Eigenkapital, die neuen Höchstkreditgrenzen, die Anforderungen an die Technik im Bankgewerbe, die Veränderungen der Landwirtschaftsstruktur (Bayerdilling ist jetzt „Zentrale“ des Warengeschäftes der fusionierten Bank) und die Erfordernisse an die Ertragsstruktur einer Bank.

Schlaglichter der positiven Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg werfen folgende Ereignisse: Einführung einer Warenrückvergütung aus dem erzielten Gewinn im Jahr 1953 (bis zu 7 %), Kauf von zwei Tagwerk von Mathias Bruglachner und Bau des ersten Lagerhauses (heute östliches Gebäude) im Jahr 1954, Kauf eines Baggers für die Flurbereinigungsarbeiten 1957 und Bau des Büros mit Geschäftsführerwohnung und Lagerhaus 1962. Das neue Lose-Dünger-Lager mit 38 x 14 Meter Grundfläche wurde 1976 seiner Bestimmung übergeben. 1966 hielt die neue Technik mit einem Buchungsautomaten Einzug. Seither ging die Entwicklung rasend schnell: Anschluß an die zentrale EDV des Verbandes (1974) mit immer schnellerer Technik sowie Geldausgabe-Automat und Kontoauszug-Drucker (beide 1994) sind nur Beispiele der Modernisierung.

Die Vorstandsvorsitzenden der Raiffeisenbank Bayerdilling waren:
1902 - 1904 Pfarrer Anton Mittrücker
1904 - 1908 Pfarrer Georg Kaiser
1908 - 1914 Josef Riel („Kramer“)
1914 - 1924 Augustin Augustin
1924 - 1946 Georg Stuber
1946 - 1947 Peter Hirschbeck
1947 - 1955 Friedrich Koller sen.
1955 - 1961 Rupert Lefin
1961 - 1962 Michael Oßwald
1962 - 1974 Friedrich Koller
1974 - 1993 Helmut Brosch

Den Aufsichtsratsvorsitz hatten inne:
1902 - 1910 Josef Hofgärtner
1910 - 1920 Johann Haberl
1920 - 1926 Josef Seeberger
1926 - 1932 Jakob Würth
1932 - 1933 Jakob Gritschneder
1933 - 1945 Mathias Bruglachner
1947 - 1954 Leonhard Zach
1954 - 1968 Mathias Bruglachner
1968 - 1984 Leonhard Gütl
1984 - 1993 Willibald Augustin
Willibald Augustin ist seit der Fusion das Bayerdillinger Aufsichtsratsmitglied der Raiffeisenbank Rain.

Das Amt des Rechners wurde 59 Jahre lang bis 1961 ehrenamtlich ausgeübt, seither führen hauptamtliche Kräfte die Bank. Die Geschäfte führten bisher:
1902 - 1909 Rupert Strobl
1909 - 1911 Philipp Birk, Lehrer
1911 - 1913 Josef Seeberger, Lehrer
1913 - 1917 Josef Rechner (gefallen)
1917 - 1919 Josef Seeberger, Lehrer
1919 - 1934 Leonhard Gütl
1934 - 1935 Frl. Remmele
1935 - 1938 Paul Stiglmair
1938 - 1940 Sebastian Lenz
1940 - 1951 Therese Breimair
1951 - 1952 Hedwig Breimair
1952 - 1961 Walburga Breimair (verh. Gütl)
1961 - 1963 Adolf Ludwig
1963 - 1966 Max Bachmayr
1966 - 1971 Xaver Wittmeier
1971 - 1998 Martin Müller
Von 1982 bis zur Fusion 1993 war Philipp Karmann als zweiter hauptamtlicher Geschäftsführer tätig.

Vier Geschäftsführer

Drei ehemalige Mitarbeiter der Raiffeisenbank Bayerdilling sind heute in der Raiffeisen-Organisation in verantwortlichen Positionen tätig. Leonhard Dunstheimer aus Holzheim hatte von Oktober 1962 bis Oktober 1965 hier seine Banklehre absolviert. Er ist seit 1971 Geschäftsführer bzw. Vorstandsvorsitzender der Raiffeisen- und Volksbank Ries eG und seit 1985 Kreisvorsitzender der Raiffeisen- und Volksbanken im Landkreis Donau-Ries. Seit 1997 ist er außerdem Vizepräsident des schwäbischen Genossenschaftsverbandes. Nächster Auszubildender war Leonhard Sedlmair, gebürtig von Riedheim (August 1966 bis Juli 1970 in Bayerdilling). Er ist seit 1980 als Geschäftsführer der Raiffeisenbank Ober-Unterhausen-Sinning tätig. Xaver Wittmeier aus Wallerdorf war von 1966 bis 1971 Geschäftsführer in Bayerdilling; seit 1977 ist er Geschäftsführer der Raiffeisenbank Schrobenhausen. Schließlich ist auch ein gebürtiger Bayerdillinger bei der Raiffeisenbank in eine führende Position aufgestiegen: Adolf Rechner, der 1965 seine Banklehre begann, ist bereits seit 1967 Geschäftsführer der Raiffeisenbank Weichering.