Die apokalyptischen Reiter zu Gast

Kernpunkt der Geschichte der Dörfer Bayerdilling und Wächtering sind die Sorgen und Nöte der Einwohner. Die vier apokalyptischen Reiter, sinnbildliche Gestalten für Pest, Krieg, Hungersnot und Tod (Offenbarung des Johannes 6, 1 - 8) waren oft zu Gast. Als Nebensächlichkeiten erscheinen die vorausgehenden Themen - Gütergeschäfte, Dorfgericht, Streit zwischen Herrschaft und Untertanen im Gegensatz zur Todesnot, der sich jede Generation in den Jahrhunderten von 1388 bis 1800 ein- oder mehrmals gegenüber sah.

Fast eine gewisse Regelmäßigkeit läßt sich feststellen, wenn man die Kriegsjahre auflistet. Alle 40 bis 50 Jahre sind Kriegszüge mit großen Verwüstungen verzeichnet. Nur einmal wird diese Regel unterbrochen - von 1546 bis 1632. Mit einer Wut, wie sie zuvor und danach ihresgleichen sucht, wurde das flache Land von 1632 bis 1648 gebeutelt. Die Folge der Kriegsjahre für die Pfarrei: 1388 - 1419/22 - 1462 - 1503/05 - 1546 - 1632/48 - 1704 - 1742/45 - 1796/1800. Die Großen fochten ihre Händel aus, die Untertanen büßten mit Hunger und Not, seelischen und körperlichen Schäden, mit dem Tod.

Viele Orte im Rainer Raum sind im 14. und 15. Jahrhundert verschwunden. Sie wurden teilweise in Kriegen zerstört, die Bewohner gingen in größere Dörfer, suchten dort Schutz. Auch in Seuchenzeiten verödeten Orte und wurden nicht mehr aufgebaut. In der Bayerdillinger Umgebung sind die Orte Gerfridesweiler (zwischen Bayerdilling, Sulz und Stadel gelegen), Hasenweiler (im Bereich Rain - Bayerdilling - Holzheim), Hochstraß (an der Römerstraße zwischen Oberpeiching und Staudheim) sowie Hehlingen, Lindach, Brucklach und Mantlach (westlich, südlich und östlich von Rain) abgegangen. 1)

Nach einigen Händeln richtete der Schwäbische Städtebund im Dezember 1387 an Bayernherzog Friedrich eine Kriegserklärung. Augsburg wurde als Ausgangspunkt einer Militäraktion gewählt, deren Ziel es war, die Stadt Regensburg vor einem bayerischen Angriff zu schützen. Fünf Tage strömten im Januar 1388 die Söldner der Bundesstädte in Augsburg ein. Die Städter vollführten eine Machtdemonstration und verwüsteten das Land des Bayernherzogs, ohne diesen militärisch zu schwächen. Im April 1388 kam es zu Friedensverhandlungen in Heidelberg. 2) Der Rainer Raum wurde durch das Heer der Städter bei ihrem Zug gen Regensburg arg in Mitleidenschaft gezogen. 3)

In der Fehde der bayerischen Herzöge sammelte sich Ende Juni 1422 zwischen Rain und Neuburg ein feindliches Bundesheer mit 3000 Pferden und 900 Wagen, das die ganze Gegend, besonders Neuburg, als zu den Landen des Herzogs Ludwig gehörig, aufs Grausamste brandschatzte. 4)

Einen erneuten Rückschlag für die Pfarrei brachten die Jahre 1461/62. Im Streit zwischen dem Heer Herzog Ludwig des Reichen von Bayern-Landshut und einer Reichsarmee unter Markgraf Albrecht von Brandenburg-Ansbach wurden 600 Dörfer in Asche gelegt. Durch den harten Winter 1461/62 überschritten die Kaiserlichen auch Lech und Donau und drangen in den Rainer Raum vor. 5) 1463 wütete in Deutschland die „schwarze Krankheit“, das „Gemein-Erbrechen“ und forderte viele tausend Todesopfer. 6) Die Geschichte wiederholte sich: dem Krieg, der Hunger und Entbehrungen bedingte, folgten Pest und Seuchen; Marodeure schleppten die Krankheiten von Ort zu Ort.

1481 bis 1483 waren viele „schauerliche Naturereignisse in der Umgebung von Niederschönenfeld“. Weit umher wurden die Feldfrüchte durch heftige Hagelgewitter vernichtet. Die Gewitter waren des öfteren mit außerordentlichen Sturmwinden, Wolkenbrüchen und Überschwemmungen begleitet, daß Scheunen und Häuser einstürzten und die Feldfrüchte dazu von darauf folgender anhaltender Hitze zerstört wurden. 7) Die Folge war eine Teuerung der Lebensmittel, ein Schäffel Roggen kostete beispielsweise 27 Pfund Haller. Selbst 120 Jahre später, 1609, kostete es umgerechnet nur rund 3 Pfund. 8) Das ansteckende Fieber forderte anschließend zahllose Opfer.

Streit um das Landshuter Erbe

Als Herzog Georg der Reiche, der 1475 die polnische Königstochter Jadwiga (Hedwig) geheiratet hatte („Landshuter Fürstenhochzeit“), im Dezember 1503 ohne männliche Erben starb, brach im Hause Wittelsbach ein Erbschaftsstreit aus. Georg hatte seine Tochter Elisabeth mit dem Pfalzgrafen Rupprecht verheiratet und schrieb entgegen den Hausverträgen dem Schwiegersohn das ganze Herzogtum zu. Es gab einen Krieg voll Mord und Brand, voll grotesker Episoden und handfester Greuel. Rain lag seit 1447 im Landshuter Teilherzogtum, das zur Vererbung stand. Die Stadt stellte sich gegen den rechtmäßigen späteren Bayernherzog Albrecht und huldigte dem Pfalzgrafen Rupprecht, was ihr zum großen Nachteil durch den Verlust der einträglichen Salzniederlage wurde. Der wirtschaftliche Höhepunkt des Marktortes, den auch die Bayerdillinger besuchten, war damit überschritten. 9) Am 24. Mai 1504 wurde Rain besetzt und im Verlauf der Feindseligkeiten wurden mehrere hundert Dörfer in Asche gelegt. In Bayerdilling wurde der Niederschönenfelder Klosterrichter Cuntzelmayr von Soldaten erstochen.10) Der Kölner Spruch von 1505 beendete den Krieg und schuf für die Söhne des Rupprecht (er selbst und Elisabeth waren 1504 an den Strapazen gestorben), Ottheinrich und Philipp, die „junge Pfalz“, die Pfalz-Neuburg. Rain blieb, wie Bayerdilling und Wächtering, beim Herzogtum Bayern und wurde Grenzort in drei Richtungen; lediglich der Weg nach München blieb offen.

Im Schmalkaldischen Krieg wurde Rain, das als Eingangstor von Altbayern stets den ersten Anprall der Feinde auszuhalten hatte, vom protestantischen Heer unter Obrist Schertlin von Burtenbach am 10. August 1546 besetzt. 11) Die Schmalkaldner kamen in drei Tagen von der Donau nur bis Pöttmes „unter Verübung aller möglichen Gräuel und unter Plündern und Rauben“. Die Feldfrüchte in Bayerdilling, wie der ganzen Rainer Umgebung, wurden in beträchtlichem Teil zerstört, was umso verständlicher wird, wenn manbedenkt, daß das eingefallene Heer rund 60 000 Mann stark war. 12) Das Tragische dieses für die Bevölkerung kurzen, aber folgenschweren Einfalls ist, daß die Neutralität des Bayernherzogs Wilhelm Iv. von den feindlichen Heeren mißachtet wurde und vor allem dem Grenzland viel Leid zugefügt wurde.

Von den folgenden Jahrzehnten berichtet der große Niederschönenfelder Klosterchronist Baader nichts über Naturkatastrophen in Bayerdilling.

1626 erfror das Getreide und besonders der Roggen durch Reif und kaltes Wetter bei den Zehentbauern des Klosters. Zwei Jahre später verursachten Mehltau und Brand großen Schaden am Wintergetreide. 13)

Bis 1631 spürte unser Raum vom 1618 begonnenen Krieg unmittelbar wenig. Dies wurde mit der Schlacht bei Rain am 14./15. April 1632 schlagartig anders. Unter diesem in der Neuzeit für unseren Landstrich wohl verlustreichsten Krieg haben unsere Vorfahren viel mehr gelitten als das übrige Bayern. An der Nordwestecke des Kurfürstentums gelegen, hatte der Gerichtsbezirk Rain stets den ersten Anprall der Feinde auszuhalten und die Zahl der Truppendurchzüge war größer als im übrigen Bayern. Es waren nicht die unmittelbaren Kriegshandlungen, die das viele Leid für die Bevölkerung brachten, sondern vielmehr die hohen Kontributionen, das Plündern zügelloser Soldaten, die Marodeure, die von Dorf zu Dorf zogen und das sinnlose Brennen und Morden des Kriegsvolks.

Die Schweden sind kommen ...

Im April 1632 zogen die Schweden nach dem Rückzug der katholischen Liga auf ihrem Marsch gen München und Ingolstadt mit ihren Verbündeten brennend und plündernd über das flache Land. Mit jedem der Kämpfe um die befestigte Stadt Rain hatte das Umland unter den lagernden Truppen zu leiden.14) So heißt es, nachdem vorläufig die Kriegshandlungen eingestellt waren, im Jahr 1636: das Kirchenvermögen ist verloren, da es auf Zinsen an die Bauersleute ausgeliehen wurde, die durch den Krieg vollständig verarmt sind. Pfarrer Johannes Neubrand, geboren 1604 in Emerkingen, Diözese Konstanz, war in der schwersten Zeit von 1635 bis 1654 hier Seelsorger und hat dies niedergeschrieben. 15)

In der Niederschönenfelder Klosterchronik sind die Kriegsleiden wie folgt zusammengefaßt: Bayerdilling durch den ersten feindlichen Einfall fast ganz verödet, ein Mann namens Khrabel von den Schweden erschossen, seine Hofstatt niedergebrannt und alles darin ausgestorben. 16)

Die Schrecken dieser Jahre in Deutschland, im Volksmund die „Schwedenzeit“ genannt, spiegeln sich in Gedichten wieder, die sich bis in unsere Kindheit erhalten haben:

Die Schweden sind kommen,
hab’n alles mitg’nommen,
hab’n d’Fenster eing’schlagn,
das Blei weg’tragen,
hab’n Kugeln draus gossen,
und die Bauern erschossen.

Maikäfer flieg!
Der Vater ist im Krieg,
die Mutter ist im Pommernland,
Pommernland ist abgebrannt,
Maikäfer flieg!

1637 schloß das Kloster mit den noch lebenden Grund- und Giltuntertanen eine Vereinbarung wegen der Entrichtung der Gilten. Die meisten Güter waren so stark zerstört, daß man weder Gilten noch Renten bekommen konnte, für Feldheim allein bestanden 1637 Rückstände von rund 7000 fl, nicht anders dürfte es sich bei dem ebenfalls verwüsteten Bayerdilling verhalten haben. 17)

Der Aufbau begann wieder. Am 13. März 1641 verbot Kurfürst Maximilian dem Rainer Pflegverwalter, die armen Niederschönenfelder Klosteruntertanen mit Einquartierungen von Truppen zu belästigen. Im Sommer 1641 vernichtete der Schauer alles Getreide der Klosteruntertanen. 1643 und 1644 mußten die Bauern hohe Kriegsabgaben an den Kurfürsten entrichten. Von direkten Kampfhandlungen und Plünderungen war Bayerdilling zwar seit 1633 verschont geblieben, doch Wiederaufbau und Kriegssteuern spannten die Überlebenden aufs Äußerste an. 1645 vereitelte die große Dürre eine angemessene Ernte. 18)

In einer um 1644 entstandenen Aufzeichnung hatte das Kloster in Bayerdilling 76 Anwesen. Von diesen sind ausdrücklich 12 als öd bezeichnet. Darüber hinaus besaßen Wirt Joachim Hirster fünf, Georg Vischer vier, Leonhard Probst drei, sowie Hans Kerle, Dorfmüller Hans Märckl, Andre Häsman, Andre Winhardt, Balthas Mayr, Balthasar Kugler, Georg Bayr und Leonhard Lämblin jeweils zwei Anwesen (es ist unwahrscheinlich, daß es namens- und vornamensgleiche Einwohner dieser Namen gab). Da es in Friedenszeiten außergewöhnlich war, wenn eine Person mehrere Höfe besaß, waren somit mindestens 17 weitere Häuser nicht bewohnt. 31 der 76 Anwesen hatten durch Kriegseinwirkung ihre Besitzer verloren und konnten nach zehn Jahren - seit 1634 war Bayerdilling von Kriegshandlungen nicht betroffen - immer noch nicht besetzt werden. 19)

Die überlieferten Familiennamen von 1644

Angegeben sind Besitzername, Hoffuß (soweit zweifelsfrei angegeben) und die Getreidegilt sowie die vermutliche Hofstelle (heutiger Hausname, gefolgert unter anderem aus der Höhe der Getreideabgabe):

1. Adam Ernst, 1 Hof, je 12 Mutte Roggen und Haber (Gallbauer)

2. Hans Ulrich Bildtstain, „unser Pfleger“, Münchshof, je 9 Mutte Roggen und Haber (Hofbauer)

3. Matheiß Prest, 1 Hof, je 6 Mutte Roggen und Haber (Pfaffenbauer)

4. Jacob Prugglacher, 1 Hof, je 8 Mutte Roggen und Haber (Bachbauer)

5. Michael Arnold, 1 Hof, je 8 Mutte Roggen und Haber (Peterbauer)

6. Leonhard Probst, 1 Hof, je 7 ½ Mutte Roggen und Haber (Probst- oder Broschbauer, jetzt Brugger); er besaß zwei weitere Hofstätten

7. Hans Bair, ½ Hof, je 3 ½ Mutte Roggen und Haber

8. Michael Wilboldt, ½ Hof, je 3 ½ Mutte Roggen und Haber

9. Hans Kerle, je 4 Mutte Roggen und Haber; er besaß eine weitere Hofstätte

10. Hans Koller, je 1 Mutte und 1 Metzen Roggen und Haber

11. Thoma Pleymayr, 4 Mutte Roggen und Haber

12. Hans Märckhl, Dorfmühle, 2 Mutte Roggen; er besaß eine weitere Hofstätte

13. Georg Pisinger, Eselmühle, 2 Mutte Roggen

14. Joachim Hyrster, Wirt, von der Schenkstatt oder Tafernrecht nur Geldabgabe, zusätzlich eine Geldabgabe und zusätzlich eine Abgabe für die Hofstatt, wo die alte Taferne stand und jetzt der Stadel steht; er besaß vier weitere Hofstätten

15. Michael Fridl, 1 Hub, je 18 Metzen Roggen und Haber

16. Georg Vischer, ½ Hub, je 10 Metzen Roggen und Haber; er besaß drei weitere Hofstätten

17. Andre Häsman, Hofstatt; er besaß eine weitere Hofstatt

18. Gregor Per..bader, Hofstatt

19. Michael Cammerer, Hofstatt

20. Jacob Winhardt, Hofstatt

21. Georg Lemble, Hofstatt

22. Veit Nagl, Hofstatt

23. Andre Winhardt, Hofstatt, er besaß eine weitere öde Hofstätte

24. Balthas Mayr, Hofstatt; er besaß eine weitere Hofstätte

25. Georg Schaller, Hofstatt

26. Gregor Hangerstaller, Hofstatt

27. Georg Kaiser, Amtmann, Hofstatt

28. Hans Lang, Schneider, Hofstatt

29. Hans Wolf, Hofstatt

30. Jacob Schmidthammer, Hofstatt

31. Andre Kammerer, Hofstatt

32. Hanß Prugglacher, Hofstatt

33. Georg Kugler

34. Balthasar Kugler, Hofstatt; er besaß eine weitere Hofstätte

35. Hans Siber, Hofstatt

36. Georg Bayr, Hofstatt; er besaß eine weitere Hofstätte

37. Georg Purchhardt

38. Christoph Priglmair, Hofstatt

39. Michael Friedl, Hofstatt

40. Elias Khuelin, Hofstatt

41. Andre Peck, Hofstatt

42. Hans Kugler, Hofstatt

43. Leonhard Lämblin, Hofstatt, am Kappenzipfl; er besaß eine weitere Hofstätte

44. Jacob Winsch, Hofstatt

45. Michael Uzmayr (?), Hofstatt

46. Hans Stettberger, Hofstatt

47. Mathias Malz, Hofstatt

48. Michael Krab, Hofstatt, liegt öd

49. Barthlme Uzmayr (?), Hofstatt, sind 2 Hofstätten daraus gemacht, öd

50. Christoph Kerle, Hofstatt, liegt öd

51. Georg Mendl, Hofstatt, öd

52. Thoma Weber, Hofstatt, öd

53. Adam Hainrich, Hofstatt, öd

54. Hans Schwäble, Hofstatt, auf des Grienenwalds Engerle, öd

55. Veit Widemann, Hofstatt, öd

56. Leonhard Walter, Hofstatt, öd

57. Andre Pleymayr, Hofstatt, öd

58. Hans Hafner, Hofstatt, öd

59. Hans Ernst, Hofstatt, öd

Quelle:

BayHStA, KL Niederschönenfeld 14

Erneuter Kriegslärm

Kaum war man an den Wiederaufbau gegangen, brachen 1646 die rivalisierenden Parteien von neuem ein. Ein zweites Mal hausten Schweden und mit ihnen nun Franzosen im Rainer Raum in den letzten drei Kriegsjahren 1646 bis 1648 - dieses Mal noch ärger als beim ersten Einfall 1632. Es konnte kaum eine Ernte eingebracht werden. In folgenden Stichpunkten berichtet der Klosterchronist Baader über Geschehnisse in Bayerdilling in diesen drei Jahren vor dem Friedensschluß von Münster und Osnabrück: 20) „1646 fürchterlicher Ruin, alles auf der Flucht, ein Teil abgebrannt, die Dorfmühle öd, die Eselsmühle zusammengefallen (Anmerkung: im Verzeichnis nach dem ersten Feindeseinfall waren beide Mühlen besetzt, in einer anderen Quelle heißt es, 1643 sei eine durch den Feind ruinierte Mühle in Bayerdilling 1643 noch öde gelegen), aller Vorrat vom Feinde aufgezehrt, die zur Schenkstatt gehörige Hofstatt ganz öd, Aussterben vieler Hofstätten und Einsturz derselben, vom Feinde mehrere, von bayerischen (!) Reitern eine angezündet, die Schmiede ebenfalls geödet. Niederbrennen, Aussterben und Einstürzen mehrerer Hofstätten auch im Jahre 1648, wo alles, was davon gebracht werden konnte, mit großen Kosten vor Freund und Feind in die Stadt Rain geflüchtet wurde, mehrere Hofstätten von den Kaiserlichen niedergebrannt, ein Haus und ein Stadel abgebrochen.“ Für die geschundene Bevölkerung waren Freund und Feind nicht mehr zu unterscheiden: beide plünderten, brandschatzten, mordeten.

Man fragt zurecht, was da noch übrig, brauchbar gewesen sein mag, wie sich die übrig gebliebene Bevölkerung von Bayerdilling und Wächtering durchschlug, denn in den Kriegsjahren und noch 1649 lag ein großer Teil der Äcker und Gärten brach. Rain und die Dörfer der Umgebung lagen im ärgsten Ruin. Für das Kloster Niederschönenfeld bezeugt beispielsweise Graf Wolf Dietrich von Törring, „daß, wer es nicht mit eigenen Augen gesehen habe, unmöglich glauben könne, in welchem Ruin es liege; kein Ort im ganzen Bayerland sei so ruiniert.“ 21)

Aus den Gemeinderechnungen

Ludwig Wilhelm Fischer (1817 - 1890) gebürtig in Rain und dort einige Jahre am Landgericht tätig, hat in seinen Handschriften um 1845 aus Unterlagen, die wir heute nicht mehr kennen, detailliertere Mitteilungen übermittelt. Beispielsweise hatte er die Bayerdillinger Gemeinderechnungen aus den letzten vier Kriegsjahren zur Hand. Von ihm sind die folgenden Ausführungen für 1645 bis Abschluß des Wiederaufbaues um 1695 entnommen. 22)

Als Leute aus Bayerdilling zu Scharwerksarbeiten nahe der Rainer Lechbrücke angefordert wurden, schrieb die Äbtissin am 8. September 1643, die Hofmark sei so „ruiniert und verderbt worden, daß gegen den vorigen der dritte Theil Leut nicht mehr vorhanden“. (Der Bevölkerungsverlust war zwar enorm, aber aufgrund der um 1644 überlieferten Familiennamen muß bezweifelt werden, daß zwei Drittel der Leute umkamen.)

1645 verzeichnete die Gemeinderechnung 94 fl 15 1/2 xr Einnahmen und 97 fl 52 1/4 xr an Ausgaben. Von den Ausgaben entfiel der allergrößte Teil auf Kriegszwecke. „Wegen der Lichtmanrischen Salva quardi 19 fl 31 1/2 xr“ sind eingetragen. Dies war für die lagernden Heere eine übliche Praxis: man verdingte sich als Schutzwache für die Dörfer und verlangte entsprechende Gelder von der Bevölkerung. Wäre das Angebot seitens der Gemeinde nicht angenommen worden, hätte man sich das Geld eben auf andere Weise von der Bevölkerung geholt beziehungsweise erpreßt. Die Löhnung der Soldaten war schlecht und so war diese Art der Einnahmebeschaffung von höherer Seite geduldet. Für zwei Proviantfuhren nach Hailbrunn und Schwäbisch Hall waren 51 fl 30 xr aufzubringen. Den drei Ausgewählten, die sich drei Tage wegen der Musterung zu Rain aufgehalten hatten, bewilligte man 1 fl und 30 xr an Entschädigung - man sieht, daß rechtzeitig vor dem nächsten Kriegszug Soldaten ausgehoben wurden. Die drei Ausgewählten erhielten dann noch „bei dem Auflauf“ je einen fl von der Gemeinde. Am 17. Mai wurde dem Pfleger von Niederschönenfeld 1 Maß Wein für 20 xr verehrt - eine Anerkennung wohl dafür, daß dieser human war mit der Beitreibung der ohnehin schwer aufzubringenden Grundzinsen. Einer weiteren Schutzwache wurden 2 fl ausbezahlt, der Obristleutnant erhielt jedes Mal ein Honorar von etlichen Gulden, dann Eier, Butter und Hühner.

1646 wurden zu Rain vier Bayerdillinger in die Auswahl (Musterung) genommen. Dem Pflegverwalter von Niederschönenfeld wurden wegen Nachlassung der Steuer ein Kalb für 2 fl und Eier im Anschlag zu 8 xr verehrt - ein Art Bestechungsgeld oder Belohnungsgeld ist ganz offiziell in der Gemeinderechnung ausgewiesen.

Dem jetzigen Pfarrer, heißt es 1647, wurde wegen des Schauerfreitags 1 fl ausbezahlt. Den Eukefortischen Soldaten mußte im Dezember des gleichen Jahres 3 1/2 fl Preß- bzw. Besetzungsgeld gezahlt werden. Als die Eukefortischen Soldaten über Nacht in Wallerdorf waren, wurden dem Obristen Pulcher 30 xr für die Bereitstellung eines Korporals zur Schutzwache bezahlt. Für die Schutzwache der lagernden Truppe wurde eine Umlage am 22. Dezember 1647 erhoben, zu der 41 Personen bzw. Güter herangezogen wurden. (Drei Jahre vorher dürften noch 47 Hofstellen besetzt gewesen sein.) Der Pflegershof, Jakob Prucklachner, Michael Arnolt und Adam Ernst zahlten jeweils 12 xr, Leonhard Probst und Mathias Prest zahlten je 10 xr, die übrigen Hofbesitzer zahlten 6 oder 3 xr. Als die ganzen Höfe (12 xr) kommen der Hof-, Bach-, Peter- und Gallbauer in Betracht, die nächsten beiden sind vermutlich der Broschhof (Probst) und sehr wahrscheinlich der Pfaffenbauer - denn die größeren Höfe wurden, sofern sie ausgestorben sind, rasch wieder besetzt, damit die Grundzinsen an den Obereigentümer floßen und da sie besseren Nahrungsstand gewährleisteten. Die von Fischer angegebenen Familiennamen für die größeren Höfe bestätigt auch das Handbüchlein des Klosters.

1647 und 1648 ist der Feind größtenteils im Land gewesen, daher nichts eingenommen, ist in der Rechnung eingetragen.

Georg Vischer

Ein Einzelschicksal ist durch eine Stiftung überliefert worden. Georg Vischer war 1646, als die schwedischen und französischen „Feindesvölker leider widerum eingefallen sind“, mit solcher Leibesschwachheit heimgesucht worden, daß er sich keines Aufkommens mehr zu getrösten hatte und dann solcher „ehrliche Biedermann sein Leben enden mußte“. Da der Allmächtige ihn nach dem ersten Schwedeneinfall, da er vorher ein armer unvermöglicher Taglöhner war, mit zeitlichen Gütern ziemlichermaßen begabt, er auch keine Kinder hatte, so macht er eine Stiftung von 1 1/2 Jauchert Äcker im Mittelfeld und 1 Jauchert im Lohemühlveldt. 1648 heißt es diesbezüglich weiter, Georg Vischer, Hofmarksuntertan und öedtmaister zu Dilling selig stiftete am Totenbette zur dortigen Pfarrkirche die vorerwähnten 2 Äcker und 45 fl, damit wöchentlich am Donnerstag abends zu Dank, Lob und Preis des Leidens Christi zu seiner und anderer Seelen Trost mit allen Glocken geläutet werde. Die Äcker wurden am 6. Februar 1648 von Vischers Witwe, welche wieder geheiratet hatte, um 80 fl verkauft, und der Kaufschilling nebst den 45 fl von ihr zur Verzinsung übernommen.

Die Rechnung 1648 bis 14. April 1649 weist die Aufnahme eines neuen Pfarrers aus; als er aufgenommen wurde, verzehrte man beim „Sandpreu“ für 1 fl und 4 xr. Nach einer anderen Notiz soll Pfarrer Johannes Neubrand allerdings von 1636 bis 1654 in Bayerdilling gewesen sein. Für Rain teilt Fischer mit, daß von Juli bis Dezember 1649 etwa 200 Personen an der Pest gestorben sind. Für Bayerdilling gibt es dazu keine Mitteilung.

Der Wiederaufbau

Nach dem Ende der Kriegshandlungen dauerte es Jahrzehnte, bis das Dorf wieder aufgebaut war. Am 2. Dezember 1669 verkaufte die Äbtissin eine seit dem ersten Feindeseinfall öde gelegenes Hofstättl, „worauf vorher Bartholomäus Arnold hauste“, gegen jährliche Abgaben. Der Erwerber soll binnen Jahr und Tag ein Haus bauen, heißt es weiter. 1671 verkaufte das Kloster Niederschönenfeld ein „seit dem ersten Schwedeneinfall von 1632 öde gelegenes Hofstättl zwischen Gregor Hungerstaller und Lorenz Mayer, worauf früher der Lorenz Schmidhammer hauste“ und eine Hofstätte „in dem Galtbauern Feld entlegen“. 1684 verlieh die Äbtissin ihre seit dem ersten Feindeseinfall öde liegende Hofstatt zwischen Thomas Krämer und Dillinger Gemeinde. Da eine Hausnumerierung noch nicht existierte, bezeichnete man die Lage der kleineren Hofstätten oft mit ihrer Lage zu den Nachbargehöften, während die größeren teilweise mit den Hausnamen genannt sind. Die kultivierten Felder konnten - wohl schon ab 1633 - nicht mehr vollständig bewirtschaftet werden, da die Arbeitskräfte zu wenig waren und die dezimierte Bevölkerung nicht mehr die vollen Ackerflächen für die Ernährung brauchte. Die Flurbezeichnung „Eggärten“ (Augsburger Weg) rührt vermutlich aus jener Zeit her. „Egerten“ ist laut Schmeller eine „ehemals gepflegte, Acker gewesene Feldfläche, die später zu Graswuchs wurde, in der Folge wohl gar zu Holz oder ganz öde liegen geblieben ist“. Die Bayerdillinger Eggärten waren höchstwahrscheinlich Weide oder Öde und wurden, als durch den Bevölkerungszuwachs wieder alles bebaut werden konnte, wieder zu Äckern kultiviert.

Konkrete Zahlen zum Wiederaufbau liefern zwei Zahlen von 1683 und 1695. Im ersteren Jahr, also 35 Jahre nach dem Ende des großen Krieges, gab es 59 Hofstellen, zwölf Jahre später sind es 75 Bauern. 1695 war das Dorf also weitgehend wieder hergestellt, denn bei der Verteilung der Gemeindenutzungsrechte im Jahr 1811 gab es 85 Rechtler, darunter auch die Schule und die Pfarrei; 1752 wird von 77 Anwesen berichtet. Interessant ist weiter, daß die ganzen, halben und Viertel-Höfe von 1683 bis 1695 unverändert blieben (6 zu 1/1, 5 zu 1/2 und 6 zu 1/4). Die neuen Hofstätten resultieren aus der Teilung von Bausölden (1/8): von dieser Kategorie wurden 16 geteilt und nur die restlichen 12 von vorher 28 Anwesen blieben ungeschmälert erhalten. Entsprechend stieg die Zahl der sogenannten Leersölden von 14 im Jahr 1683 auf 46 im Jahr 1695 an. Im Prinzip war damit der Zustand vor dem großen Krieg wieder hergestellt, denn die geteilten Sölden waren nur durch das Aussterben ganzer Familien zusammengelegt worden, die Möglichkeit zum Anwesenserwerb war von der Obrigkeit her schon erleichtert, wie von dem Stifter Georg Vischer - einst Taglöhner, dann Besitzer von drei Hofstätten - berichtet ist. In Feldheim, dem anderen Dorf im Herrschaftsbereich des Klosters Niederschönenfeld, ist ebenfalls für 1695 die Wiederbesetzung aller Hofstellen im Jahr 1695 urkundlich belegt.

So kann als Ergebnis festgehalten werden, daß die Lücken, die der Dreißigjährige Krieg hinterlassen hatte, noch 50 Jahre später nicht vollständig geschlossen waren. Denn wohl waren bis 1695 alle Höfe wieder besetzt, der vorherige Wohlstand war aber zumindest bei den neuen Söldnern noch nicht erreicht und mangels Dienstpersonal war sicherlich noch nicht die gesamte Flur wieder bebaut. Wer nach dem großen Sterben nämlich zu einer Existenzgründung bereit war, dem ermöglichte man diese seitens des Klosters Niederschönenfeld, denn besetzte Höfe brachten Einnahmen an Grundzinsen und bescheidenen Wohlstand für den einstigen Dienstboten und nunmehrigen Kleinbauern.

Der Streit um das Spanische Erbe

Kaum war der Wiederaufbau abgeschlossen, brach der nächste Kriegszug über den Rainer Winkel herein und hinterließ erneut Verwüstung, Not und Tod. wohl sind die Sendlinger Mordweihnacht von 1705 („Schmied von Kochel“) und der niedergeschlagene Aufstand der Unterländer bei Aidenbach (8. Januar 1706) in die große Geschichte eingegangen. 23) Aber verglichen mit dem Blutopfer dieser Volkserhebung (geschätzt 1100 Männer vor München und 2000 in Niederbayern) forderte der Spanische Erbfolgekrieg in der Nordwestecke Oberbayerns, in den Gerichten Rain, Aichach und Pfaffenhofen, vermutlich mehr Opfer und verursachte wesentlich größere Sachschäden.

Kurfürst Max Emanuel von Bayern stritt im Bunde mit Frankreich gegen England und Österreich um das Erbe des 1701 kinderlos verstorbenen spanischen Königs Karl II., einem Habsburger, also aus dem österreichischen Herrscherhaus. Nach der blutigen Schlacht am Schellenberg (2. Juli 1704) stießen die siegreichen feindlichen Truppen mit Macht nach Bayern vor. Auf Vorschlag des Herzogs von Marlborough (eines Vorfahrens des englischen Premierministers Winston Churchill) mußte die kaiserliche Kavallerie das Land systematisch verwüsten. Als zu Beginn der Maßnahmen die Abgeordneten der bayerischen Landstände im Lager von Marlborough vor Friedberg erschienen und Geldzahlungen anboten, antwortete der britische Feldherr, er sei nicht gekommen um Geld einzusammeln, sondern um den Kurfürsten von Bayern zum Nachgeben zu zwingen. Vermutlich um den 16. Juli 1704 wurden Bayerdilling und Wächtering größtenteils zerstört. Allein im Landgericht Rain, das rund 1900 Anwesen zählte, wurden 868 Häuser, 521 Städel, 9 Mühlen, 13 Höfe, 3 Schlösser und 3 Kirchen von den Engländern niedergebrannt. Bedenkt man noch, daß die Stadt Rain (240 Häuser) weitgehend verschont blieb, so war mehr als die Hälfte der Häuser niedergebrannt. Der Weg in Richtung München war - vor allem in den Gerichtsbezirken Rain, Aichach (1827 zerstörte Häuser) und Pfaffenhofen (739 abgebrannte Häuser) - von brennenden Dörfern gekennzeichnet; insgesamt wurden 7676 Gebäude in Bayern abgebrannt.24) In Bayerdilling brannten Kirchenschiff und Turm, der Pfarrhof und viele Gehöfte ab. Die kirchlichen Matrikelbücher (Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen) gingen verloren. Am 14. August 1704 setzen die erhaltenen Eintragungen ein und berichten von einer schweren Zeit. 88 Personen aus der Pfarrei starben in den letzten viereinhalb Monaten dieses Jahres, 24 im ersten Halbjahr 1705. Die Einwohnerzahl der Pfarrei dürfte von etwa 550 auf 430 innerhalb eines Jahres zurückgegangen sein (106 Jahre später gibt es die erste Statistik mit 503 Einwohnern - 354 in Bayerdilling und 149 in Wächtering.) Nicht an den unmittelbaren Kriegshandlungen sind die Leute gestorben, sondern an den Folgen, insbesondere wohl daran, daß die Ernte 1704 nur zum kleinen Teil eingebracht werden konnte. Im Frühjahr 1705 endete das große Sterben. 25)

Der enorm hohe Bevölkerungsverlust schwächte die Wirtschaftskraft - und doch ging man rasch an den Wiederaufbau. Lücken in den einzelnen Anwesen wurden sehr schnell geschlossen. Dies beweisen die 19 Trauungen des Jahres 1705 und zusammen 16 Hochzeiten in den Jahren 1706 und 1707. Statt sonst etwa 15 hatten sich in diesen drei Jahren 35 Paare das Ja-Wort gegeben. Witwe oder Witwer verheiratete sich entweder wieder oder die junge Generation übernahm nach dem Tod der Eltern und verehelichte sich. Es war bis in unser Jahrhundert der Ausnahmefall, daß Einzelpersonen ein Anwesen führten. Geheiratet wurde bei der Übergabe. Wenn diese durch Krankheit oder Tod der Eltern frühzeitig erforderlich wurde, heiratete auch schon einmal eine 16jährige oder ein 18jähriger. Bei den am 21. März 1705 von Georg und Maria Raba aufgenommenen 120 fl und den am 28. Mai 1705 von der Witwe Anna Kuglerin aufgenommenen 60 fl - letztere vom Klostergärtner - ist der Verwendungszweck mit „Wiederaufbau ihrer vergangenen Sommer vom Feind abgebrannten Sölden und Stadel in Bayerdilling“. 27

Nach der Schlacht bei Höchstädt (13. August 1704), in der die Feinde des Kurfürsten siegten, erfolgte endgültig die Besetzung des Kurfürstentums Bayern durch Österreich. Kurfürst Max Emanuel mußte ins Exil gehen und konnte erst 1715 zurückkehren. Nach dem 8. Januar 1706 gab es zwar keine Kriegshandlungen und Aufstände mehr, doch den beginnenden Aufbau hemmten die Mißernten der Jahre 1711 und 1712 und die in dieser Zeit auftretende Viehseuchen.

Frieden und wieder Krieg

In Bayerdilling und Wächtering hatte der Wiederaufbau der Wohn- und Wirtschaftsgebäude natürlich absoluten Vorrang. Der Pfarrhof wurde um 1720 wieder fertiggestellt, die Kirche aber erst 1747. Über 40 Jahre mußte man offensichtlich allein mit dem bis heute erhalten gebliebenen gotischen Chor - eventuell mit angebautem Provisorium - auskommen. Als man an den Kirchenbau dachte, war erneut eine Auseinandersetzung zwischen Bayern und Österreich (jeweils mit Verbündeten) dazwischen gekommen. Dieses Mal wollte der bayerische Kurfürst Karl Albrecht (seit 1742 Kaiser Karl VII.) die weibliche Thronfolge (Maria Theresia) nicht anerkennen und sich selbst aufgrund Verwandtschaft am Nachlaß des Habsburgers Karl VI. beteiligen. Es kam zum Österreichischen Erbfolgekrieg (1740 - 1748). Kontributionen an die Heere - Bayern, Franzosen und Österreicher - saugten die Höfe erneut wirtschaftlich aus. 1743 besetzten die Österreicher erneut Bayern. Der General Kaiser Karl VII., Seckendorf, konnte sich gegen die Übermacht nicht behaupten. Am 27. Juni 1743 mußte er im sogenannten Frieden von Niederschönenfeld zugestehen, was im die Sieger vorschrieben. Er mußte das ganze Kurfürstentum Bayern räumen und sich über den Lech zurückziehen. Mit nur kurzer Unterbrechung blieben die Österreicher bis zum Frieden von Füssen am 22. April 1745 die Herren in Bayern. Gegenüber sonst etwa jährlich 10 Sterbefällen gab es 1743 infolge einer Seuche in der Pfarrei 37 Beerdigungen. Zu beobachten ist wieder ein leichtes Ansteigen der Eheschließungen in den Jahren 1743 und 1744.

Napoleon

In den Napoleonischen Kriegen hatte der Landstrich an Lech und Donau von 1796 bis 1805 immer wieder an Truppendurchzügen mit den üblichen Belästigungen zu leiden. 1796 sollen die Franzosen beim Durchziehen im Pfarrhof und einige Häusern geplündert haben. Von unmittelbaren Kampfhandlungen blieb die Pfarrei verschont. Dafür starben zehn Männer im bayerischen Heer, mehrere davon waren mit Napoleon 1812 in Rußland. 30 000 Bayern waren damals mit ausgezogen - nur wenige kehrten zurück. Aus der Pfarrei ist kein einziger Rückkehrer überliefert. Vor dem Feind blieben nach den Aufzeichnungen von Pfarrer Josef Strobl: 26)

Alois Sandmayr, geboren 1786, vom Küglebauern, 1807 in Breslau
Joseph Grimm, geboren 1782, stammte von Nr. 71, 1812 in Thorn
Franz Fichtner, geboren 1788, von Bayerdilling, 1812 in Polozk
Anton Landes von Wächtering, 1812 in Polozk.
Vermißt blieben (wohl größtenteils mit der bayerischen Armee in Polozk):
Michael Nagl von Bayerdilling
Jakob Nagl von Bayerdilling, Jahrgang 1794
Franz Xaver Gerstmayr, Jahrgang 1787, von Nummer 8
Xaver Zeiner, Jahrgang 1792, von Wächtering Nummer 21
Michael Kugler, Jahrgang 1791, vom Brunnenhof und
Karl Karmann vom Strauppenhof oder der Holzmühle.

Bild:

In den napoleonischen Kriegen starb auch ein Sohn des Küglebauern Sandmayr. Die Familie (jetzt Augustin) hat eine hölzerne Gedenktafel mit einem Farbbildnis des vor der Muttergottes knieenden Soldaten aufbewahrt. Die Schrift lautet (Klammerzusätze sind Erklärungen): „Aloisi Sandmeyr, Soldat bey dem Königl. baier.(ischen) 7. Lin.(ien) Inf.(anterie) Regiment ist den 23. Jenner (Januar) 1807 in Breslau gestorben im 20. (Lebens)Jahre. Gott geb ihm die ewige ruhe.“

Mit der Verbannung von Napoleon begann eine knapp 100 Jahre - 1815 bis 1914 - währende Epoche des Friedens für unsere Pfarrei. Von den Kriegszügen 1866 und 1870/71 war die Heimat nicht betroffen, auch gibt es keine Berichte über gefallene oder vermißte Soldaten. Ins Feld gezogen waren mehrere Bayerdillinger, denn am 10. September 1871 war eine Feier, zu der die Gemeinde einen Zuschuß von 41 fl leistete.“ 27) Bürgermeister Hirschbeck schreibt dazu am 22. Oktober 1871: „Wie bereits sämtliche Nachbargemeinden, hat auch die Gemeinde Bayerdilling ihre aus dem Felde zurückgekehrten Krieger und Söhne durch Veranstaltung eines Festes zu ehren gesucht.“ Die Kosten wurden bis auf den Gemeindezuschuß aus freiwilligen Beiträgen aufgebracht.

Fußnoten:
1) Dorn, S. 24 - 25, 38 - 44 und 47 - 48 behandelt dieses Thema ausführlich.
2) Karl Schnith, Die Reichsstadt Augsburg im Spätmittelalter, in: Gottlieb, Geschichte der Stadt Augsburg,
Stuttgart 1984, S. 157.
3) Dorn, S. 73.
4) Baader, S. 209.
5) Baader, S. 214.
6) Baader, S. 215.
7) Baader, S. 216.
8) Dorn, S. 332.
9) Dorn, S. 74 - 75.
10) Baader, S. 218/219.
11) Notiz von Pfarrer Strobl (1897 - 1972).
12) Baader, S. 311 - 315, berichtet ausführlich über die Geschehnisse dieses Jahres.
13) Baader, S. 379 - 381.
14) Mann, S. 50 - 82, berichtet ausführlich über die Jahre 1632 und 1633 in Rain.
15) Notiz von Pfarrer Strobl (im Amt 1930 - 1968).
16) Baader, S. 391.
17) Baader, S. 384 - 385.
18) Baader, S. 386 und 391.
19) BayHStA, KL Niederschönenfeld 14, Handbüchl über die Kloster Niederschönenfeldische Grund- und
Giltgüter.
20) Baader, S. 391.
21) Baader, S. 393.
22) StAR, Fischeriana, Heft Bayerdilling.
23) Christian Probst, Lieber bayrisch sterben, München 1980. Er stellt denVolksaufstand von 1705 und 1706
ausführlich dar.
24) Christian Probst, S. 96 - 98.
25) Die Matrikelbücher ab 1704 befinden sich im Archiv der Diözese Augsburg.
26) Pfarrarchiv, Notiz am Ende des Gedenkalbums für die Toten der Pfarrei aus dem Ersten Weltkrieg.
27) StAR